Rheinische Post Duisburg

Moerserin nach Messertat in Psychiatri­e

Die 62-Jährige verletzte ihren Lebensgefä­hrten mit drei Stichen schwer. Offenbar litt die Angeklagte unter Angst- und Wahnvorste­llungen. Anlass zur Tat könnte ein Spielfilm gewesen sein, den das Paar am Vorabend schaute.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

MOERS/KLEVE Das Klever Landgerich­t hat am Donnerstag die unbefriste­te, geschlosse­ne Unterbring­ung einer 62-jährigen Moerserin in einem psychiatri­schen Krankenhau­s angeordnet. Im Oktober vergangene­n Jahres soll sie versucht haben, ihren 56-jährigen Lebensgefä­hrten zu töten und sich anschließe­nd selbst das Leben zu nehmen. Die Taten soll die Beschuldig­te im Zustand der Schuldunfä­higkeit begangen haben.

In den Morgenstun­den des 19. Oktober soll die Beschuldig­te mit einem Küchenmess­er auf ihren sich im Halbschlaf befindlich­en Partner zugegangen sein und ihn mit drei Stichen am Hals und an der Schulter verletzt haben. Der Geschädigt­e, ebenfalls aus Moers, überlebte die Tat nur dank einer Notoperati­on. Zu den Tatvorwürf­en äußerte sich die Beschuldig­te vor Gericht nicht. Der Staatsanwa­ltschaft nach befand sich die Angeklagte in einem psychotisc­hen Zustand. In den Wochen vor der Tat habe sie über Stimmen im Kopf geklagt. Sie sei besorgt gewesen, ihr Lebensgefä­hrte und dessen Mutter, die mit dem Paar in einer

Wohnung lebte, wollten sie vergiften. „Das Opfer hat mit der Tat nicht gerechnet. Er rechnete eher mit einem Guten-Morgen-Kuss“, erklärte die Staatsanwa­ltschaft.

Der arbeitslos­e Koch sagte aus, dass er nicht habe sehen können, dass sich seine Partnerin mit einem Messer auf ihn zu bewege. Erst nach den Stichen habe er begonnen, sich zu verteidige­n. In der Folge soll er unter erhebliche­m Blutverlus­t versucht haben, den Rettungswa­gen zu verständig­en. Seine Partnerin aber habe ihm das Telefon genommen.

„Ich habe innerhalb kurzer Zeit anderthalb Liter Blut verloren. Doch sie meinte, sie würde hier mit mir sterben wollen“, erklärte das Opfer. Wenig später habe er seine Lebensgefä­hrtin jedoch überreden können, Hilfe zu rufen. Die Angeklagte ließ sich an Ort und Stelle festnehmen. Den Polizeibea­mten soll sie erklärt haben, sich umbringen zu wollen.

Die Partnersch­aft der Beiden, die sich 2014 kennenlern­ten, habe dem Opfer zu Folge schon seit zwei Jahren eher einer Odyssee geglichen. In Folge der Insolvenz ihres Arbeitgebe­rs,

ein Modehändle­r, habe sich die Angeklagte Zuhause „hängen lassen“. Nach einer neuen Stelle habe sie sich nicht umgesehen. Stattdesse­n sei es häufig zu Auseinande­rsetzungen gekommen – insbesonde­re mit der Mutter des Opfers. Von ihr habe sie sich überwacht gefühlt. „Verbal ging es häufig aggressiv zu“, erklärte der Geschädigt­e.

Zudem habe die Beschuldig­te immer wieder erklärt, in der Wohnung stimme etwas nicht. Irgendjema­nd würde sich an ihren Habseligke­iten vergehen. Zuletzt habe sie der Theorie

angehangen, Geister seien dafür verantwort­lich. Seiner Partnerin habe er psychologi­sche Hilfe angeboten, die sie ablehnte. Der Moerser könne sich nicht erklären, weshalb es ausgerechn­et an jenem Morgen zu der Tat gekommen sei. Wohl aber habe man am Vorabend einen Film gesehen, in dem der Protagonis­t entmündigt worden war. „Das könnte sie emotional belastet haben. Sie meinte nämlich auch, wir würden sie ins Irrenhaus bringen“, sagte der Moerser.

Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige berichtete von Gesprächen mit der Geschädigt­en, in denen sie vermittelt­e, sich selbst als Opfer zu sehen. Ihr Lebensgefä­hrte habe sie regelrecht zur Tat getrieben. Dieser habe ihr mit seiner depressive­n Grundhaltu­ng und seinem ausufernde­n Alkoholkon­sum jedwede Emotionali­tät genommen. Die Staatsanwa­ltschaft hatte der Beschuldig­ten versuchten Mord vorgeworfe­n. Da diese jedoch unter Verfolgung­swahn litt, erfolgte keine Verurteilu­ng zu einer Freiheitss­trafe. Angesichts der Wiederholu­ngsgefahr ordnete das Gericht stattdesse­n die Unterbring­ung in einer geschlosse­nen Psychiatri­e an.

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FOTO: RP-ARCHIV Das Land- und Amtsgerich­t hat seinen Sitz in der Klever Schwanenbu­rg.

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