Der Poet aus dem Duisburger Norden
Werner Muth veröffentlichte den Gedichtband „Glückseligkeit und wildes Herz“. Er ist darüber hinaus Sprecher, Musiker und vieles mehr.
Werner Muth hat eine lyrische Lieblingszeile. Sie heißt: „Gedenke meiner, flüstert der Staub.“Entnommen ist sie aus Peter Huchels Gedicht „Die Engel“. Der 1949 in Marxloh geborene Amerikanist, Lyriker und Sprecher, der mit Musikern, Malern und Literaten, ebenso wie mit Film- und Fotokünstlern gerne zusammenarbeit, ist der „Poet aus dem Duisburger Norden“. Vor einiger Zeit veröffentlichte er mit „Lollar“seine fünfte Hörrevue, die wie die erste Anthologie seiner Gedichte „Glückseligkeit und wildes Herz“2019 im Verlag Situationspresse Loeven & Gorny aus Duisburg erschienen ist. Außerdem hat er eine Postkarten-Serie unter dem Titel „Faces“mit Fotomotiven von Jean Paul Gatz über die Duisburger Buchhandlung Weltbühne in Umlauf gebracht.
Nach „Ich könnte mir ein Fahrrad leihen“(2006), „Muths Koffer“(2008), „Nachtaufnahme“(2013) und „Pausierer“(2017) ist „Lollar“(2018) Muths fünfte Hörrevue, wie er diese Alben nennt. Anders aber als seine vier Vorgänger-CDs, sind die Liedertexte darauf diesmal allesamt in englischer Sprache – auch die nicht vom ihm verfassten. Diese zwei Geschriebenen stammen von der Duisburger Lyrikerin Lütfiye Güzel, mit der Muth zig Literaturprojekte auf den Weg brachte. Die Übersetzung dieser Texte ins Englische besorgte Corinna Voigt.
Zu hören gibt es insgesamt elf Songs, allesamt mit Muths Stimme. Der Titel „Eleftheria“, der 1993 zusammen mit Ralf Chmarowski komponiert wurde, gilt als sein erster Song überhaupt. Dieser stammt aus einer Zeit, wo er noch Sänger der legendären im Duisburger Norden beheimateten John Silver Band war. Titel- und Auftaktsong der neuen „Lollar“-CD ist der gleichnamigen mittelhessischen Kleinstadt im Landkreis Gießen gewidmet, wo sich das Studio Kirchberg von Peter Herrmann befindet. Herrmann – der Musiker, Tontechniker und Produzent zugleich ist – und Muth kennen sich seit vielen Jahren. Seitdem sei „eine Menge albumtaugliches Musikmaterial“zusammengekommen, das überarbeitet und neu arrangiert zu eben dieser CD geführt habe.
Doch anders als das Album ist die Gedichtsammlung „Glückseligkeit und wildes Herz“ausschließlich in deutscher Sprache geschrieben. Tom Liwa, sein Freund, ehemaliger Nachbar und selbst Schreiber von Songs und Gedichten, schreibt im Vorwort zum Sammelband: „(…) lange vergangene Reisen, erlebte Geschichten und Begegnungen finden in diesem Buch Platz. Es ist Zeitzeugnis, aber auch Traumland und neverending story, ein Leben, das sich narrativ fortschreibt, um dann am Frühstückstisch zu erscheinen, als wäre nichts geschehen.“
Rund 100 Gedichte von Muth haben sich erstmals in einem Buch versammelt. Manch eines davon erschien zuvor vertont auf CD, wie zum Beispiel das Titel gebende Gedicht „Glückseligkeit und wildes Herz“auf dem Album „Muths Koffer“. Viele Texte, wenn nicht gar alle, sagt er, habe er des Nachts geschrieben. Von daher haben einige auch einen nächtlichen Titel und spielen oder handeln von der Nacht, so die Gedichte „Was mir um 3 Uhr 27 eingefallen ist“, „nachts“, „Mondscheinlaune“, „Im Mondlicht“, „Der Mond hört mit“, „Mitternacht“, „Im Dunkeln“, „Das Durcheinander liegt im Dunkeln“, „Wo die Nacht schläft“, „Mir zugeflogen in der Nacht“und „Jede Nacht woanders hin“. Dabei entbehrt so manche Textzeile nicht einer gewissen Komik: „Ein offenbar poetisches Insekt / Hat sich auf die Tastatur gesetzt / Nachtfalter nennt ihn das Lexikon / Nicht die Natur, ich heiß ihn willkommen / Das weiß er schon und fliegt nicht davon.“
„Faces“heißt sowohl ein Musiktitel auf der „Lollar“-CD als auch Muths neue Postkarten-Serie mit Fotomotiven von Jean Paul Gatz, dessen Bilder auf besagtem Album wie als Titelgrafik auf dem Buch zu finden sind. Muths sogenannter „Haus- und Hoffotograf“Gatz widmet sich naturbelassenen Fotomotiven, die scheinbar Gesichter, Fratzen und Grimassen seltsamer Wesen aus der Menschen-, Tier- oder Fantasiewelt abbilden, ohne – in welcher Form auch immer – nachgeholfen zu haben. So sieht beispielsweise ein Weidenkätzchen aus wie ein Igel und ein verblühtes Blatt wie ein Papageienschnabel.