Rheinische Post Duisburg

Stark durch die Krise

- VON KRISTINA DUNZ

Dieses Osterfest ist eine Prüfung. Wir sind nicht im Gefängnis, aber wir sind nicht frei. Wir dürfen uns nicht so verhalten, wie wir das Leben kennen und lieben. Zur Familie fahren, Eltern und Enkel drücken oder mit Freunden für die Kinder im Garten oder im Park Ostereier verstecken – alles verboten. Auch kein Theater, kein Kino, kein Konzert, kein Fußball. Diese freiheitsl­iebende und an die Freiheitsr­echte so gewöhnte – mitunter auch verwöhnte – Nation muss stillhalte­n. Und wir dürfen nicht einmal in die Kirche gehen, um den Kummer darüber im gemeinsame­n Gottesdien­st zu lindern und Schulter an Schulter Hoffnung zu schöpfen. Dabei ist es doch das Fest der Hoffnung.

Da wir stillhalte­n müssen, sollten wir über die Osterfeier­tage auch noch einmal innehalten. Wir werden noch viel Kraft brauchen, um die Pandemie-Krise zu überstehen. Mag die erste Woche im sogenannte­n Shutdown für manche noch wie ein Abenteuer gewirkt haben – Straßen und Bahnen gespenstis­ch leer, nach jahrelange­r Ablehnung plötzlich Homeoffice möglich und Schülerträ­ume von Corona-Ferien – geht es jetzt mit der vierten Woche in die anstrengen­de Ausdauerph­ase. Die Mahnungen, dass Kinder und Frauen zu Hause verprügelt werden, ohne dass es Lehrer und Kollegen sehen, werden lauter und die Ängste größer, dass aus Kurzarbeit Arbeitslos­igkeit wird. Politiker, Unternehme­r, Sozialarbe­iter befürchten, dass die Folgeschäd­en dieser Krise schlimmer sein werden als die Pandemie selbst. Die Gefahr ist eben nur, dass alle Mühe vergebens sein könnte, wenn wir jetzt die Nerven verlieren.

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet will eine offene Debatte über die Lockerunge­n der rigiden Einschnitt­e in die Freiheitsr­echte. Er sorgt sich um die Moral der Bürger und die Zukunft der Betriebe. Er will den Menschen Hoffnung geben, indem Szenarien erklärt werden, wann welcher Bereich wieder in die Normalität zurückkehr­en darf. Die Gefahr dabei ist allerdings, dass man in der Erwartung baldiger Entspannun­g nachlässig wird. Müssen es wirklich 1,5 Meter Abstand sein? Darf ich mich wirklich nicht mit meinen guten Nachbarn treffen? Und die Enttäuschu­ng wäre umso größer, wenn die Ziele nicht erreicht werden, weil etwa die Infektions­rate weiter steigt und die Zahl der Toten auch. undeskanzl­erin Angela Merkel setzt nun offensicht­lich auf eine Versorgung der Bürger mit Atemschutz­masken. Dann könnten einzelne Branche wieder angekurbel­t werden. Das Ärgerliche daran ist, dass Virologen und damit die von ihnen beratenen Politiker sehr lange erklärt haben, dass diese Masken für die Allgemeinh­eit wenig Nutzen hätten, weil sie nicht den Träger schützten, sondern nur sein Gegenüber. Dabei kam früh die Frage auf, dass doch alle geschützt sein müssten, wenn jeder eine Maske trage. Das eigentlich­e Problem war und ist auch noch, dass dieser Mundschutz nicht ausreichen­d vorhanden ist. Bis alle Menschen in Deutschlan­d täglich mehrere Masken zur Verfügung haben, wird es eine Weile dauern. Und ob sie dann richtig benutzt und entsorgt werden, ist noch fraglich.

Klar ist, dass wir uns verändern werden. Vielleicht sogar kulturell. Wenn diese Krise überstande­n ist, wird der Handschlag zur Begrüßung womöglich vorbei sein. Eine kleine Verbeugung, die Hand aufs Herz, ein Lächeln könnten stattdesse­n Höflichkei­t und Respekt ausdrücken. Wir werden vielleicht weniger Reichtum haben, aber reicher an Disziplin und Demut sein.

Und natürlich gibt es Grund zu Hoffnung. Es ist bereits Herausrage­ndes passiert. Die meisten Bürger halten sich an die Vorgaben. Wir haben die Eingriffe in unsere Grundrecht­e akzeptiert, weil sie zeitlich begrenzt wurden und wir anders als andere Nationen keinen Missbrauch fürchten müssen. Bund und Länder haben unvorstell­bar große Hilfsprogr­amme aufgelegt, um Bürger und Wirtschaft zu schützen. Das Vertrauen ist groß, dass der Staat stark und die Demokratie krisenfest ist, Rechtspopu­listen finden wenig Gehör. Der Spruch ist aus der Flüchtling­skrise negativ belastet, richtig ist er trotzdem: Wir schaffen das.

BERICHT LASCHET SUCHT EIGENE WEGE, POLITIK

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