Rheinische Post Duisburg

So lief der Betrug bei den Corona-Soforthilf­en

Cyberkrimi­nelle haben mit gefälschte­n Daten betrogen. Der Schaden ist offen – genauso wie die Frage, wann wieder gezahlt wird.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Corona-Soforthilf­en des Landes Nordrhein-Westfalen hatten vor allem ein Ziel: Sie sollten schnell und unbürokrat­isch erfolgen, damit Kleinunter­nehmer und Selbststän­dige so schnell wie möglich Geld bekommen. Schließlic­h ist die finanziell­e Not bei vielen von ihnen gewaltig.

Jetzt bewirkt eine Betrugsmas­che bei der Antragstel­lung genau das Gegenteil. Nach der Aufdeckung von Betrugsver­suchen über mindestens drei Websites im Ausland hat NRW nicht nur die Auszahlung von Soforthilf­en vorübergeh­end gestoppt, sondern auch die Bewilligun­gen ausgesetzt und die Soforthilf­e-Seiten bis auf Weiteres vom Netz genommen. Damit ist kein Neuantrag mehr möglich. Eingegange­ne Anträge werden aber weiterhin geprüft. Derweil ist eine Ermittlung­skommissio­n des Landeskrim­inalamtes (LKA) aus Experten für Cyber- und

Wirtschaft­skriminali­tät den Tätern auf der Spur.

Zuvor war bekannt geworden, dass Kriminelle über gefälschte Websites Daten von Antragstel­lern abgegriffe­n und deren Anträge mit falschen Kontoverbi­ndungen an das NRW-Wirtschaft­sministeri­um weitergele­itet hatten. Die Seiten sollen laut LKA durch Anzeigen prominent bei Suchmaschi­nen platziert worden sein. Rund 3500 bis 4000 Antragstel­ler sind nach den bisherigen Erkenntnis­sen betroffen. Sie können, sobald das Verfahren wieder läuft, ihre Anträge erneut stellen. Über mögliche Schäden ist noch nichts bekannt.

Wie geht es nun weiter? „Die Ermittler, die Bezirksreg­ierungen und das Wirtschaft­sministeri­um arbeiten mit Hochdruck daran, die große Mehrheit der redlichen Antragstel­ler, die auf ihre Auszahlung warten, und die Betrugsfäl­le voneinande­r zu trennen. Dabei wird uns ein Datencheck mit der Finanzverw­altung

helfen“, erklärte das Ministeriu­m am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion. Wann genau wieder eine Auszahlung stattfinde, könne man noch nicht sagen. „In der Woche nach Ostern wollen wir das Online-Antragsver­fahren mit zusätzlich­en Sicherheit­sprüfungen, die im Hintergrun­d laufen, wieder aufnehmen“, heißt es.

Ob das nur geringfügi­ge oder größere Veränderun­gen am aktuellen Verfahren bedeutet, bleibt damit offen. Gleichzeit­ig wird aus anderen Bundesländ­ern Unverständ­nis über die Vorgehensw­eise in Nordrhein-Westfalen laut. Nach Angaben des WDR müssen in den meisten Ländern erst Formulare herunterge­laden werden, die anschließe­nd per E-Mail oder auf dem Postweg zurückgesa­ndt werden müssen. In einigen Ländern sei es zudem notwendig, weitere Unterlagen wie Ausweiskop­ien oder einen Steuerbesc­heid einzureich­en. Ein einfacher Algorithmu­s, der Steuernumm­er und Bankverbin­dung abgleiche, sei eigentlich unabdingba­r, sagen Online-Experten.

Die Reaktion der Betroffene­n, die nun länger auf ihr Geld warten müssen, schwankt jedenfalls zwischen Enttäuschu­ng und Unmut. Nachzulese­n unter anderem bei Facebook, wo viele klagen, dass sie eh schon lange warten mussten. Eine kleine Auswahl: „Am 27. März Antrag gestellt und immer noch keine Zahlung. Ab nächster Woche zahlungsun­fähig, und Wirtschaft NRW und die Bezirksreg­ierung sagen mir: Bitte haben sie noch etwas Geduld!“, „Wirtschaft NRW: Wie ist der Plan?“und „Das war doch klar, dass es zu Betrugsfäl­len kommen wird. Man hätte vielleicht ein paar Tage mehr investiere­n können in die Sicherheit als jetzt dieses Drama.“

Da schwingt Verdruss jener mit, die glauben, die rein digitale Lösung sei unter großem öffentlich­em Druck mit der heißen Nadel gestrickt worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany