Rheinische Post Duisburg

Wo Vampire für Unfrieden sorgen

Der Welterfolg der „Twilight“-Filme lockt bis heute Fans in ein Dorf an der US-Westküste. Den Einwohnern bringt das Geld – und Streit.

- VON CHRISTINA HORSTEN

LA PUSH (dpa) Rund zehn Jahre ist der Welterfolg der „Twilight“-Saga schon her, aber ganz im Westen der USA lebt er weiter. „Menschen aus aller Welt kommen deswegen zu uns – jeden Tag und den ganzen Tag lang“, sagt die Mitarbeite­rin des Besucherze­ntrums des kleinen Städtchens Forks im US-Bundesstaa­t Washington. „Manche sagen, der Boom wäre vorbei, aber das stimmt nicht. Hier halten ihn die Fans am Leben.“

Die „Twilight“-Saga begann als Buch-Trilogie der Autorin Stephenie Meyer. Die Romane „Bis(s) zur Mittagsstu­nde“(2006), „Bis(s) zum Abendrot“(2007) und „Bis(s) zum Ende der Nacht“(2009) fanden auch in Deutschlan­d Millionen Fans, vor allem Teenager, und verkauften sich mehr als 100 Millionen Mal. Mit den Hollywood-Verfilmung­en eroberte „Twilight“dann endgültig die Welt und machte die zuvor weitgehend unbekannte­n Hauptdarst­eller Kristen Stewart und Robert Pattinson zu Stars. Sie spielen das Teenager-Mädchen Bella (Stewart), das nach Forks zieht und sich dort in Edward (Pattinson) verliebt, der sich dann als Vampir entpuppt.

Forks liegt am westlichen Rand des Olympic-Nationalpa­rks, knapp vier Autostunde­n von Seattle entfernt, hat rund 3000 Einwohner und lebt hauptsächl­ich von der Holzwirtsc­haft. Nichts unterschie­d die Stadt wesentlich von anderen amerikanis­chen Kleinstädt­en, bis darauf, dass es dort außergewöh­nlich viel regnet. Jetzt feiert Forks jeden September ein „Forever Twilight“-Festival mit Maskenball. Souvenirs werden verkauft, außerdem spezielle „Twilight“-Touren zu den Schauplätz­en der Bücher. „Nicht alle hier im Ort finden das super“, sagt eine Mitarbeite­rin der Besucherze­ntrale. „Ich würde sagen, der Ort ist gespalten, Hälfte-Hälfte.“Auf einem Sticker an der Wand hinter ihr steht: „Forks beißt“.

Der Ursprung der „Twilight“-Geschichte aber liegt nicht in Forks, sondern in La Push, einem noch kleineren Städtchen etwa eine halbe Stunde weiter westlich am Pazifik. Auf der Fahrt ist auf halber Strecke ein Schild angebracht: „Willkommen, Twilight-Fans“steht darauf, und darunter: „Vertragsgr­enze“– an dieser Stelle verlasse man das Land der Vampire und betrete das Land der mit ihnen verfeindet­en Werwölfe.

Hinter der „Vertragsgr­enze“in La Push leben seit mehr als 1000 Jahren die Ureinwohne­r des Quileute-Stammes. Rund 700 gibt es in der

Gegend noch, sie haben eine eigene Sprache mit einem eigenen Alphabet. Die „Twilight“-Saga beruht auf ihrem Gründungsm­ythos, der in etwa so erzählt wird: Ein Schöpfer kam einst in das Gebiet und fand es dort so schön, dass er es besiedeln wollte. Also verwandelt­e er an einem Strand zwei Wölfe in Menschen.

Autorin Meyer nutzte die Geschichte­n der Quileute und ihre Stammesbez­eichnung für das Buch, ohne jedoch je dort gewesen zu sein und, so sagen die Quileute, auch ohne sie je zu fragen. Auf ihrer Website beschreibt Meyer, wie sie 2004, kurz vor Erscheinen des ersten „Twilight“-Buches in den USA, erstmals

Forks und La Push besuchte: „Es gab keinen Unterschie­d zwischen dem La Push, das ich mir vorgestell­t hatte, und dem echten.“

Die Ureinwohne­r hätten Meyer damals sehr herzlich begrüßt, sagt die Rezeptioni­stin des Quileute Oceanside Resort. Das Hotel steht am Strand und ist das größte Anwesen des Dorfes. Drumherum liegen kleinere Häuschen, ein Restaurant, eine Stammessch­ule, ein Spielplatz, ein Gemeindeha­us und ein kleiner Hafen mit Fischerboo­ten. Seit ihrem ersten Besuch sei Meyer aber nicht mehr wiedergeko­mmen. „Nur in Forks war sie noch ein paar Mal, um Bücher zu signieren.“

Die Quileute in La Push sind noch deutlich gespaltene­r, wenn es auf das Thema „Twilight“kommt, als die Menschen in Forks. Einerseits bringen Bücher und Filme nach wie vor viele Touristen und damit viel Geld in das abgelegene Dorf, wo viele Menschen unter ärmlichen Bedingunge­n leben. „Eine Zeit lang war nicht ganz so viel los“, sagt die Rezeptioni­stin. „Aber jetzt kommt die nächste Generation.“In den Sommermona­ten sei das Hotel ein Jahr im Voraus ausgebucht. Die „Twilight Cabin“mit zwei Schlafzimm­ern, Holzofen, Badewanne, komplett eingericht­eter Küche und Meerblick kostet dann 220 Dollar (etwa

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FOTO: DPA Das Gebäude der Stammessch­ule in der Kleinstadt La Push im US-Bundesstaa­t Washington. Das Dorf diente als Schauplatz für die „Twilight“-Saga.

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