Ferdinand Georg Waldmüller, „Das Wiedererstehen zu neuem Leben“
Ferdinand Georg Waldmüllers Gemälde zeigt kein biblisches Motiv, sondern – wie es für diesen Künstler typisch ist – eine Szene aus dem bäuerlichen Alltag. Dennoch handelt das Bild für mich von Ostern und vom Kern der christlichen Botschaft: der Auferstehung zu neuem Leben. Und angesichts der bedrohlichen Epidemie, mit der unsere Gesellschaft zurzeit konfrontiert ist, gewinnt es überdies besondere Aktualität.
Unsicheren Schrittes und gestützt von ihrem Mann, tritt eine Frau durch die Tür eines einfachen Bauernhauses ins Freie, wo ihre Kinder sie so glücklich wie überrascht begrüßen. Waldmüller macht die Genesung nach schwerer Krankheit sinnfällig durch den scharfen Gegensatz zwischen dem tiefen Dunkel des Hausinnern, aus dem die Frau kommt, und der Helligkeit, die sie draußen erwartet. Es scheint, als entsteige sie einem Grab. Das klare Licht des Frühlings treibt die Details der strahlend weiß getünchten Fassade ins Profil – man meint, jeden Stein und jeden Riss mit den Händen abtasten zu können. Auch alle übrigen Elemente der Komposition sind mit geradezu fotografischer Genauigkeit behandelt. Nicht umsonst gilt Waldmüller als führender Vertreter des Realismus in Wien um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Umso auffälliger ist, dass bei einigen Figuren die Hände nicht ganz ausgeführt sind. Es heißt, das Gemälde sei das letzte gewesen, an dem Waldmüller gearbeitet habe. Bei seinem Tod am 23. August 1865 blieb es unvollendet auf der Staffelei zurück. Das verleiht der Arbeit eine ergreifende zusätzliche Dimension – gerade auch mit Blick auf Ostern.