Rheinische Post Duisburg

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Die Menschen müssen noch lange mit Einschränk­ungen durch die Corona-Krise leben. Die beschleuni­gte Digitalisi­erung, Hygiene-Regeln und der Verzicht auf Reisen, Konzerte und Sport-Events werden den Alltag prägen.

- VON MARTIN KESSLER

Für die meisten Virologen besteht kein Zweifel: Die Menschheit wird noch über Monate und sogar Jahre mit dem Coronaviru­s leben müssen. Recht drastisch formuliert­e es der derzeit wohl bekanntest­e deutsche Mediziner, Christian Drosten. „Wir müssen vielleicht davon ausgehen, dass wir gesellscha­ftlich ein Jahr im Ausnahmezu­stand verbringen müssen“, sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité jüngst im Interview mit „Zeit Online“.

Mit den beschlosse­nen Lockerunge­n wird bestenfall­s ein bisschen Alltag einkehren. Die Menschen werden weiterhin strenge Vorgaben beachten müssen, die Alten und Kranken bleiben isoliert, und an Konzerte, Fußballspi­ele oder Messen ist lange Zeit nicht zu denken. Es wird ein

Leben mit dem Virus sein, mit der ständigen Sorge, das Gesundheit­ssystem könnte überlastet werden oder die Wirtschaft in die größte Rezession ihrer Geschichte schlittern.

Doch es gibt auch eine neue Normalität. Mit einem gewissen Fatalismus nehmen es die meisten hin, dass sie noch längere Zeit zum Nichtstun oder zum Improvisie­ren verurteilt sind, während Ärzte, Pfleger, Supermarkt­beschäftig­te oder Lkw-Fahrer an der Grenze ihrer Belastbark­eit arbeiten. Und auch das Zusammenrü­cken der Familien und die Beaufsicht­igung der Kinder und Jugendlich­en trotz Berufstäti­gkeit werden Teil der neuen Normalität bleiben.

Wie aber sehen die großen Zusammenhä­nge in der Pandemieze­it aus? Die Wirtschaft­sexperten haben schon Szenarien entworfen, wie sich die Weltwirtsc­haft und die nationalen Ökonomien in den nächsten Quartalen bis 2021 entwickeln könnten. Als recht robust gilt die Frühjahrsp­rognose der führenden Wirtschaft­sinstitute, die für Deutschlan­d ein Minus von 4,2 Prozent und eine Arbeitslos­igkeit von knapp sechs Prozent vorhersagt. Nach einem Einbruch im zweiten Quartal ist schon eine Besserung

im dritten und vierten möglich. Die meisten Unternehme­n in Deutschlan­d produziere­n noch oder fahren ihre Herstellun­g wieder hoch. Der Maschinenb­auer Freudenber­g erhält beispielsw­eise wieder erste Lieferunge­n aus China. Die Arbeitstei­lung funktionie­rt auch in Zeiten von Corona.

Und auch der Hauptgewin­ner der Pandemie steht bereits fest. „Die Corona-Krise wird die digitale Transforma­tion der Gesellscha­ft beschleuni­gen. Der Digitalber­eich wird in neue Dimensione­n vordringen. Das ist schon an den zum Teil gestiegene­n Aktienwert­en für die dort führenden Unternehme­n ablesbar“, meint Achim Wambach, der Präsident des Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung in Mannheim. Das gilt auch für den Online-Handel, für neue dezentrale Arbeitsfor­men und die Abhängigke­it der Menschen von digitalen Geräten aller Art.

Selbst Kultur und Sport sind auf längere Zeit nur per Internet und Fernsehen zu konsummier­en. Viele Stars, egal ob aus der klassische­n Welt oder aus dem Popgeschäf­t, wenden sich mit Live- oder Youtube-Videos an ihr Publikum. Fußball und andere Sportarten könnten bis weit in den Herbst hinein nur auf die Entfernung hin zu sehen sein. Die Massengese­llschaft ist gewisserma­ßen an ihr vorläufige­s Ende gekommen, die kleine Gruppe wird auf Monate die wichtigste Umgangsfor­m bleiben.

Den bei so vielen Menschen beliebten Reisen hat das Virus ohnehin den Garaus gemacht. „Die Corona-Pandemie hat die Reisebranc­he wie kaum eine zweite fundamenta­l getroffen. Die weltweite Reisewarnu­ng hat das Reisegesch­äft aktuell zum Erliegen gebracht“, meint Tobias Jüngert, Sprecher der DER Touristik Group, die in Deutschlan­d 2100 Reisebüros unterhält. Die touristisc­hen Hotspots dürften im Sommer eher leer bleiben, solange die Beschränku­ngen nicht aufgehoben werden. Und selbst bei einer Lockerung ist nicht sicher, ob die Fluglinien und

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