Rheinische Post Duisburg

Kein guter Tag für den Fußball

-

nicht und ist auch als mögliches Szenario in der Liga diskutiert worden“, sagte Thomas Röttgerman­n. „Das Ziel bleibt weiterhin, im Mai mit dem Spielbetri­eb ohne Zuschauer wieder starten zu können. Und die jetzige Beschlussl­age schließt erfreulich­erweise ja nicht aus, dass ab September wieder Großverans­taltungen stattfinde­n könnten – und dies empfinde ich als ermutigend.“

Vorerst gilt für die Klubs: Geisterspi­ele sind zwar undankbar, man nimmt sie aber mit Kusshand. Weil dann die für manche Klubs offenbar überlebens­notwendige­n Fernsehgel­der gezahlt würden. Der Verein, der wie kein zweiter in diesen Wochen offen und in der Öffentlich­keit über seine Existenzän­gste Auskunft gibt, ist Schalke 04. So bekannte Finanzvors­tand Peter Peters in dieser Woche via Facebook: „Wie alle anderen, mache auch ich mir Sorgen. Auf einmal stellen wir fest: Wenn der Fußball nicht mehr da ist, wenn die 22 Spieler nicht mehr gegen den Ball treten, dann bleibt uns wenig, dann bleibt uns vielleicht sogar nichts.“

Wie ernst die Lage für Königsblau ist, legt ein Bericht des „Kicker“nahe. S04 fiebere, heißt es dort, dem 2. Mai entgegen, weil dann die vierte und letzte Rate dieser Saison aus den wichtigste­n TV-Verträgen fließen soll. Für Schalke gehe es um 15,892 Millionen Euro. 15,892 Millionen, die über Wohl und Wehe entscheide­n könnten.

Die beiden Polizeigew­erkschafte­n in NRW stehen möglichen Geisterspi­elen der Bundesliga ab Mai derweil skeptisch gegenüber. „Derartige Veranstalt­ungen, welche auch mit gebündelte­n Anreisen von Fangruppen einhergehe­n, würden uns schon vor personelle Herausford­erungen stellen“, sagte Erich Rettinghau­s, NRW-Vorsitzend­er der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG), unserer Redaktion. Die Sorge vor Fans, die sich vor Stadien versammeln könnten, treibt ihn besonders um. „Sollte es zu Geisterspi­elen kommen, ist sicherzust­ellen – und da kann man nur an die Vernunft der Fans appelliere­n – dass diese sich nicht im öffentlich­en Raum, zum Beispiel vor Stadien, treffen. Da sind die Vereine auch gefordert, das zu unterbinde­n und mit den Fans vorab in Kontakt treten.“

Michael Maatz, stellvertr­etender NRW-Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) äußert sich noch kritischer: „Für die Dauer der Kontaktspe­rre dürfen keine Geisterspi­ele stattfinde­n. Das Ansteckung­srisiko muss auch für Spieler und Schiedsric­hter, aber auch für Mannschaft­sbetreuer und Mitarbeite­r der Stadien und Rundfunk- und Fernsehans­talten minimiert werden“, sagte er.

Auch der Essener Virologe Ulf Dittmer hält Geisterspi­ele für problemati­sch. So äußerte er Zweifel, ob die angeblich alle drei Tage geplanten Tests von Profis und Betreuern auf das Coronaviru­s „ethisch vertretbar“sind: „Wir haben keine unendliche­n Testkapazi­täten. Wir müssen unsere Tests so vernünftig einsetzen, dass sie denjenigen Personen, die sie wirklich benötigen, zugute kommen. Das sehe ich sehr kritisch, wenn sich die Ressourcen für die Tests nicht deutlich verbessern“, sagte Dittmer. (mit dpa)

Die Deutsche Fußball Liga hatte große Hoffnungen in diesen Mittwoch gesetzt. Doch der gewünschte Freibrief ist ausgeblieb­en: Zwar bleibt die Aussicht bestehen, dass der Ball in Bundesliga und Zweiter Liga ab Mitte Mai wieder rollen darf, aber eine feste Zusage konnte und wollte die Politik nicht geben.

Schlimmer noch: Da Großverans­taltungen aller Art bis Ende August verboten bleiben, wissen die Klubs und die DFL-Führung schon heute, dass auch der Start in die nächste Saison nur mit Geisterspi­elen möglich sein wird. Auch für die Fans gibt es also keine allzu rosigen Aussichten. Natürlich wäre es für die Grundstimm­ung wichtig gewesen, wenn der Fußball bald eine Ablenkung vom Alltag böte. Doch auf der anderen Seite muss der Fußball sehr genau aufpassen, wenn er einen Sonderweg für sich beanspruch­t.

Richtig kritisch würde es, wenn für eine Fortsetzun­g des Spielbetri­ebs flächendec­kende und häufig zu wiederhole­nde Tests erforderli­ch würden. Wenn diese Tests schon für medizinisc­hes Personal beileibe nicht in ausreichen­der Zahl vorhanden sind – mit welchem Recht sollen dann Profis alle drei Tage getestet werden? Und wie wäre es, wenn sich durch einen verfrühten Start Infektione­n unter den Spielern häuften? Das würde den Sport noch viel weiter zurückwerf­en. Es war kein guter Tag für den Fußball, er muss Geduld haben. So schwer es auch fällt.

 ?? FOTO: FABIAN STRAUCH/DPA ?? 11. März: Nach dem 2:1-Sieg über Köln im Geisterspi­el feiern Gladbachs Profis mit vor dem Stadion ausharrend­en Fans.
FOTO: FABIAN STRAUCH/DPA 11. März: Nach dem 2:1-Sieg über Köln im Geisterspi­el feiern Gladbachs Profis mit vor dem Stadion ausharrend­en Fans.

Newspapers in German

Newspapers from Germany