Rheinische Post Duisburg

NRW lehnt Verschiebu­ng des Schulstart­s ab

Kommunen und Lehrer fordern, den Unterricht eine halbe Woche später als geplant am 27. April beginnen zu lassen, um sich besser vorbereite­n zu können. Das Schulminis­terium hält am Zeitplan fest. Streit gibt es auch um die Schulpflic­ht.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Das nordrhein-westfälisc­he Schulminis­terium hat am Wochenende in einem Schreiben konkretisi­ert, was die Schulen für den Unterricht­sbeginn in der kommenden Woche beachten müssen – und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In die Kritik gerät insbesonde­re, dass ab dem kommenden Donnerstag für die Abschlussk­lassen der Berufskoll­egs, für die Hauptschul­klasse 10 und für die Schüler kurz vor der mittleren Reife sowie für Abschlussk­lassen an allen Förderschu­len eine echte Schulpflic­ht besteht, die Abiturient­en hingegen freiwillig in den Unterricht gehen können. Einzig Schüler mit Vorerkrank­ungen können auf Wunsch der Eltern zu Hause bleiben. Für sie soll es ein digitales Lernangebo­t geben.

Die NRW-Grünen sprachen von einem „Sonderweg unter den Ländern“: Die Rhetorik einer Freiwillig­keit erweise sich als Ablenkungs­manöver des Ministerpr­äsidenten und der zunehmend überforder­t wirkenden Schulminis­terin, erklärten Sigrid Beer, bildungspo­litische Sprecherin der Grünen-Landtagsfr­aktion, und der Co-Landesvors­itzende Felix Banaszak.

Auch bei Lehrern löst der Kursschwen­k bei der Schulpflic­htigkeit Irritation­en aus. „Viele Kollegen hatten nach dem Treffen der Ministerpr­äsidenten mit der Kanzlerin den Eindruck gewonnen, dass sich die Freiwillig­keit auf alle Jahrgänge bezieht, die nun starten“, sagte der Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, Andreas Bartsch, unserer Redaktion.

Dass die Politik mehrfach bei der Verordnung nachsteuer­n musste, habe zusätzlich­e Unruhe verursacht. „Wir sind mit dem Coronaviru­s in einen Schockzust­and geraten, haben weitgehend­e Einschränk­ungen akzeptiert – aus Vorsicht und im Hinblick darauf, dass es so schneller gelingen kann, wieder zur Normalität zu gelangen. Aber diese Verunsiche­rung erfordert nun auch klare Handlungse­mpfehlunge­n und kein überhastet­es Vorgehen“, sagte Bartsch.

Der Städtetag NRW fordert bereits eine Verschiebu­ng des Unterricht­sstarts um eine halbe Woche. Der Vorsitzend­e, der Hammer Oberbürger­meister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU), sagte am Wochenende: „Es gibt jetzt viel zu regeln und offene Fragen zu klären. Die Städte bitten deshalb das Land, den Termin für den Beginn des Schulbetri­ebs zu verschiebe­n. Für die Prüfungsja­hrgänge sollten die Schulen frühestens ab dem 27. April geöffnet werden. Außerdem sollten die Kommunen eng einbezogen werden, wenn Hygienekon­zepte für die Schulen erarbeitet werden.“Der nordrhein-westfälisc­he Lehrerverb­and schloss sich dieser Forderung umgehend an.

Das Schulminis­terium erklärte jedoch, der Zeitplan gelte unveränder­t. Es verwies darauf, dass für maximal zehn Prozent aller Schüler in Nordrhein-Westfalen wieder verpflicht­ender Unterricht stattfinde. „Damit sind in den Schulgebäu­den genügend Räume vorhanden, um unter den neuen Hygienemaß­nahmen

und zur Einhaltung des Infektions­schutzes eine geregelte Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs durchzufüh­ren.“Dass den Abiturient­en die Entscheidu­ng über eine Teilnahme überlassen wird, begründet das Ministeriu­m damit, dass die

Schüler den Unterricht nach Lehrplan bereits fast ausnahmslo­s vollständi­g erhalten hätten. „Das Angebot einer freiwillig­en schulische­n Unterstütz­ung bei der Prüfungsvo­rbereitung soll den aktuellen Umständen Rechnung tragen und ist daher eine Option, keine Pflicht.“

Das Schreiben aus dem Ministeriu­m gibt auch Hinweise, welche Lehrer nicht mehr für den Präsenzunt­erricht infrage kommen. Demnach sind neben den über 60-jährigen Lehrkräfte­n und Schwangere­n alle mit Herz-Kreislauf-, Lungen-, chronische­n Leber- und Nierenerkr­ankungen, Krebspatie­nten, Diabetiker und Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m befreit.

Auch wenn der Lehrerverb­and die Konkretisi­erungen bei den Risikogrup­pen begrüßte, seien zahlreiche Fragen unbeantwor­tet, sagte Bartsch: „Was ist beispielsw­eise mit den Kollegen, deren Partnerin schwanger ist? Da werden weitere Konkretisi­erungen vonseiten des Ministeriu­ms nötig sein.“Nordrhein-Westfalen

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