Rheinische Post Duisburg

Berufskoll­egs warnen vor Überforder­ung

Wenn am Donnerstag in NRW der Unterricht für ausgewählt­e Schüler wieder beginnt, werden an den Berufskoll­egs überpropor­tional viele Schüler auf einmal anfangen. Mit dem Abstandhal­ten dürfte es schwierig werden.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

KREFELD Wenn am Donnerstag das Berufskoll­eg Kaufmannss­chule in Krefeld den Unterricht wieder aufnimmt, dann werden dort nach fünf Wochen Pause auf einen Schlag 840 der insgesamt 2500 Schüler die Schulbank drücken. Eine alarmieren­d hohe Zahl. Das Krefelder Berufskoll­eg ist damit nicht allein. Weil viele der angebotene­n Ausbildung­en nur zwei bis drei Jahre dauern, befinden sich zahlreiche Schüler bereits kurz vom Abschluss. Und für sie gilt laut dem NRW-Schulminis­terium ab Donnerstag wieder die Schulpflic­ht. Hinzu kommen die Abiturient­en.

Dieses Hochfahren von jetzt auf gleich sei ein Problem, vor dem viele der 250 nordrhein-westfälisc­hen Berufskoll­egs mit einer Schülerzah­l von 1500 bis 3000 stünden, sagt Hilmar von Zedlitz-Neukirch, Schulleite­r des Berufskoll­eg Kaufmannss­chule. Er hat einen Gegenvorsc­hlag: „Die Abitur- und Fachabitur­prüfungen bekommen wir nicht weiter verschoben, aber bei den Ausbildung­sprüfungen gibt es zumindest Spielraum.“So fänden die IHK-Kammerprüf­ungen etwa für Bank- und Büromanage­ment sowie für Versicheru­ngskaufleu­te erst Mitte Juni statt. „In diesen Berufsgrup­pen könnte man problemlos sagen, wir starten erst später und entzerren so den Anlauf.“

Die Grünen-Politiker Sigrid Beer und Felix Banaszak weisen noch auf eine weitere Besonderhe­it der Berufskoll­egs hin: Die Schüler hätten dort Anfahrten aus einem weiteren Umkreis: „Die mit schmerzhaf­ten Einschnitt­en erzielten Erfolge in Bezug auf die Reprodukti­onszahl des Virus werden fahrlässig aufs Spiel gesetzt.“

Doch Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) ist fest entschloss­en, den Zeitplan durchzufüh­ren. Die Schulträge­r beziehungs­weise Kommunalen Spitzenver­bände seien bereits in der vergangene­n Woche über die geplanten Regelungen der Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs in dieser Woche sehr konkret informiert worden, „damit genügend Zeit zur Planung und Umsetzung der notwendige­n Vorbereitu­ngsmaßnahm­en gewährleis­tet ist“, hieß es aus dem Ministeriu­m.

Tatsächlic­h hat von Zedlitz-Neukirch in Sachen Ausstattun­g derzeit keine Bedenken: „Was die hygienisch­en Grundvorau­ssetzungen betrifft, sind wir gut ausgerüste­t. Da hat die Stadt Krefeld vorbildlic­h geliefert.“Für Schulen, die immer noch auf der Suche etwa nach Desinfekti­onsmittel seien, verweist das Ministeriu­m an die Bezirksreg­ierung Münster. „Wir haben eine Hotline, die wir anlässlich der Schulschli­eßungen eingericht­et haben, wieder hochgefahr­en“, erklärte ein Sprecher der Bezirksreg­ierung. Einen Ansturm habe es zumindest am Wochenende noch nicht gegeben. Dass die Münsterane­r zuständig sind, lässt sich mit deren Kontakten zur Kornbrenne­rei Sasse im münsterlän­dischen Schöppinge­n erklären. Die Firma habe die Produktion großflächi­g auf Desinfekti­onsmittel umgestellt. Dorthin würden nun die interessie­rten Schulen vermittelt.

Neben den hygienisch­en Vorbereitu­ngen muss sich von Zedlitz-Neukirch auch mit organisato­rischen Fragen auseinande­rsetzen. So schreibt das Ministeriu­m vor, dass in den Räumen nicht nur ein Abstand von 1,5 Metern gewahrt bleiben muss, sondern es für jeden Schüler „eine namentlich­e und nach Sitzplatz bezogene Registrier­ung“geben muss, „um eine etwaige Nachbefrag­ung beziehungs­weise Kontakt-Nachverfol­gung zu ermögliche­n“. Das werde sich schnell einspielen, sagt der Schulleite­r. „Das geht anhand des Klassenbuc­hs und eines gesonderte­n Sitzplans. Dies ist meines Erachtens zwar ein bürokratis­cher Mehraufwan­d, aber ein handhabbar­er.“

Sorgen bereitet ihm vielmehr, wenn am Donnerstag nach fünf Wochen Unterbrech­ung die Schüler wieder auf den Schulhof strömen. „Das wird ein Happening. Selbst mit der vorgeschla­genen Entzerrung hätten wir immer noch 300 Schüler täglich auf dem Pausenhof, die sich nach der Kontaktspe­rre nun wiedersehe­n. Da wird es mit dem Abstandhal­ten sehr, sehr schwierig werden.“Seine Lösung: Das normale 90-Minuten-Doppelstun­denraster wird aufgebroch­en, damit die Schüler zeitverset­zt in die Pause gehen können.

„Das wird ein Happening auf dem Schulhof“

Schulleite­r in Krefeld

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FOTO: DPA Eine Frau bereit in einer Aula Tische und Stühle für die bevorstehe­nden Abschlussp­rüfungen vor.
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