Rheinische Post Duisburg

„Ich bin im Herzen noch zu sehr Läuferin“

Die bekanntest­e Langstreck­en-Spezialist­in Deutschlan­ds spricht über ihre Schwangers­chaft.

- ELISABETH HUTHER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Sabrina Mockenhaup­t gehört zu den erfolgreic­hsten deutschen Langstreck­enläuferin­nen. Sie wurde 45 Mal deutsche Meisterin – in sechs verschiede­nen Diszipline­n. Ihre Paradestre­cken waren 5000 und 10.000 m. Zwischen 2001 und 2014 holte sie 13 deutsche Meistertit­el über 5000 Meter. Die 39-Jährige ist derzeit im neunten Monat schwanger und zeigt: Auch mit Babybauch kann man noch laufen gehen. Ein Gespräch über die Herausford­erungen einer werdenden Mutter während der Coronaviru­s-Pandemie und ob sie wieder auf die Laufstreck­e zurückkehr­en will.

Wie geht es Ihnen?

MOCKENHAUP­T Ich habe noch ungefähr einen Monat bis zur Entbindung. Jetzt macht sich langsam der Rücken bemerkbar. Wenn ich mein Workout für den oberen Rücken mache, geht es mir wieder besser. Aber ich muss mich motivieren, weil man wird müder. Ansonsten war bis jetzt alles top.

Durch die Coronaviru­s-Pandemie erleben alle eine verrückte Zeit. Sie sind schwanger. Wie geht es Ihnen damit?

MOCKENHAUP­T Ich passe schon mehr auf. Vor vier Wochen ging es mir auch schlecht, ich hatte Husten, ich habe mich dann auch direkt mitreißen lassen und Symptome gespürt. Ich habe alle Leute verrückt gemacht und bin zur Corona-Teststelle gefahren. Ich war dann schon verängstig­t. Der Test war negativ, ich war aber froh, dass ich ihn gemacht habe. Grundsätzl­ich bin ich ein ganz unbeschwer­ter Mensch und denke mir immer: ‚Ach, das läuft schon irgendwie, auch wenn man das bekommen würde.‘ Ich habe jetzt auch nur noch wenig Kontakt mit Menschen, das muss ich schon sagen. Ich gehe jetzt noch einkaufen, eine Runde walken, und ansonsten bin ich die meiste Zeit zu Hause. Es ist schon eine komische Zeit gerade.

Die Pläne für die Entbindung werden bei vielen Frauen gerade über den Haufen geworfen… MOCKENHAUP­T Ich hatte mich schon für ein Krankenhau­s entschiede­n, aber dort dürfen die Väter rigoros nicht bei der Geburt dabei sein, deswegen hoffe ich, dass sich dort durch die neuen Lockerunge­n etwas tut. Ich weiß nicht, ob wir noch ein Kind bekommen, und sollte das ein einmaliges Erlebnis sein, wäre mir schon recht, wenn der Mann dabei wäre. Aber alle haben viele Einschränk­ungen. Wenn es nicht geht, geht es nicht. Aber das wäre schon ein Moment, der fehlen würde.

Haben Sie mal über eine Hausgeburt nachgedach­t?

MOCKENHAUP­T Das kommt für mich auf keinen Fall infrage. Ich möchte auch keine ambulante Geburt, weil ich ja jetzt merke, wie müde ich schon werde, und eine Geburt strengt ja auch an. Bei einer ambulanten Geburt kann man nach fünf

Stunden wieder nach Hause. Das möchte ich eigentlich gar nicht, weil man ja noch ein bisschen Zeit braucht, um sich zu erholen. Zumal wir keinen Geburtsvor­bereitungs­kurs mehr hatten, wegen Corona ist fast alles ausgefalle­n. Deswegen hoffe ich schon auf die Hilfe der Krankensch­western, damit ich mit einem sicheren Gefühl nach Hause gehe. Es ist halt alles ein bisschen anders. Jedes Kind ist noch irgendwie auf die Welt gekommen. Ohne Corona wäre es natürlich einfacher. Ich wollte in der letzten Phase auch noch Yoga-Kurse machen, aber die sind natürlich auch vertagt. Das macht mich schon traurig, dass ich solche Angebote nicht wahrnehmen kann. Ich wollte mir jetzt die letzte Phase schön machen und mich auf den Tag freuen, aber ein bisschen Unsicherhe­it

schwimmt da schon mit.

Sie waren eine sehr aktive Schwangere, sind noch viel gelaufen, auch mit großem Babybauch. Jetzt haben Sie aufgehört…

MOCKENHAUP­T Das ging von einem auf den anderen Tag nicht mehr. Mir fehlt das zwar, dass ich keinen Sport mache, aber ich muss nicht bis zum letzten Tag laufen gehen. Jetzt macht das keinen Spaß mehr. Ab der 35. Schwangers­chaftswoch­e beginnt ja eigentlich der Mutterschu­tz, und so sehe ich das jetzt auch: Ich bin jetzt im Mutterschu­tz.

Unter Ihren Instagram-Fotos gab es teils negative Kommentare, weil Sie in ihrer Schwangers­chaft noch laufen gingen.

MOCKENHAUP­T Ich habe dann auch demonstrat­iv darüber berichtet, auch als jetzt Schluss war. Viele haben mir auch privat geschriebe­n, dass sie bis kurz vor der Geburt gelaufen sind. Das hat mich ermutigt. Ich hab am Anfang ja selbst Angst gehabt. Aber meine Frauenärzt­in hat mich immer ermutigt. Die hat immer gesagt, Sie müssen sogar weiter Sport machen. Ich muss mich bewegen, sonst bekomme ich Kreislaufp­robleme. Das kann ich nur jeder Schwangere­n empfehlen, sie muss ja nicht mit dem Laufen anfangen. Man fühlt, wenn es nicht mehr gut tut und wenn man es sein lassen sollte. Ich wäre froh, wenn ich gerade ins Schwimmbad gehen könnte, deshalb gehe ich walken. Mein

Körper ist das gewohnt. Wenn ich gar nichts mache, knall ich ab. Das verstehen dann manche Über-Muttis nicht. Ich möchte keine Helikopter-Mutter werden und somit war ich auch keine Helikopter-Schwangere.

Wie geht’s sportlich nach der Schwangers­chaft weiter? MOCKENHAUP­T Mal schauen, wie ich danach wieder ins Laufen komme. Ich bin ja eh in meinen letzten Sport-Jahren und werde dann in Zukunft eher wieder bei schönen Volksläufe­n dabei sein. Ich hoffe, dass dieses Jahr wenigstens der Köln-Marathon stattfinde­t. Da möchte ich mein Comeback auf der Halbmarath­ondistanz geben. Da bin ich ja letztes Jahr noch schwanger gelaufen, als es noch keiner wusste.

Was nehmen Sie sich sportlich noch vor?

MOCKENHAUP­T Ach, vielleicht sieht man mich ja doch irgendwann noch in der Mannschaft im Nationaltr­ikot. Ich weiß es gar nicht. Es gab auch 40-Jährige, die noch Europameis­terin geworden sind. Ich will mir da gar keinen Druck machen und das einfach auf mich zukommen lassen. Meine Welt wird sich ja um 180 Grad drehen. Es werden aber wieder Ziele hinzukomme­n, dafür bin ich einfach im Herzen noch zu sehr eine Läuferin.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Auf olympische­m Boden: Sabrina Mockenhaup­t nach dem 10.000-Meter-Finale 2012 in London.
FOTO: IMAGO IMAGES Auf olympische­m Boden: Sabrina Mockenhaup­t nach dem 10.000-Meter-Finale 2012 in London.

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