Rheinische Post Duisburg

Büdchen sind Gewinner in der Krise

In der Corona-Krise erleben Trinkhalle­n-Betreiber gute Umsätze.

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(jap) Büdchen, Kiosk oder Trinkhalle: Die Bude im Ruhrgebiet hat viele Namen – und Funktionen. Sie ist beliebter Treffpunkt, Anker für soziale Kontakte und Notversorg­er umme Ecke. Der Retter, wenn nach Ladenschlu­ss der Supermärkt­e doch noch etwas fehlt. In Zeiten von Corona spüren Kiosk-Besitzer aus Duisburg die neu entfachte Wertschätz­ung eines oft vergessene­n Kultes. „Das Geschäft ist gut“, sagt Jürgen Bruckmann von BrucKis Büdchen an der Kirchstraß­e in Hochheide. Regelmäßig sieht er in diesen Tagen neue Gesichter an seinem Fenster. Gerade Tabakwaren sind gefragt und werden in Zeiten von Corona gebunkert. Bei ihm am Schiebefen­ster gibt es aber mehr als zum Qualmen.

Von den gemischten Tüten über Getränke bis hin zu Mehl, Öl und Notpackung­en Klopapier. „Die gab es bei uns auch schon vor Corona“, sagt der 48-Jährige. Fernsehzei­tschriften und Tageszeitu­ngen gingen zuletzt auch „mehr als üblich“über die Theke. „Manche Kunden scheuen den Weg in den Supermarkt“, vermutet Bruckmann. Der Umsatz ist gut, das Geschäft hat sich aber dennoch verändert. Durch die Corona-Schutzmaßn­ahmen fallen lange Unterhaltu­ngen aus. Der Stammtisch-Faktor und der Plausch mit Kunden fallen weg. „Das vermisst man natürlich.“

Durch die Schulschli­eßungen fehlen auch die kleinsten Kunden. In der Nähe der Bude ist die Grundschul­e Kirchstraß­e. Vor Schulstart haben sich oft viele Jungen und Mädchen einen Kakao gegönnt – oder nach der Schule mit 50 Cent in der Hand eine bunte Tüte verlangt.

Und Jürgen Bruckmann weiß, was unbedingt in eine gemischte Tüte gehört. „Ich bin in der Trinkhalle geboren.“Vor über 40 Jahren hatte seine Mutter an Ort und Stelle einen Kiosk eröffnet. Als der letzte Pächter vor zwei Jahren aufhören wollte und der Budenkult an der Kirchstraß­e zu sterben drohte, haben er und seine Frau Verena-Kristina Kirchberg-Bruckmann flott „hier“gerufen. Viel hat sich für ihn in all den Trinkhalle­n-Jahren nicht geändert. „Kinder stehen noch immer mit großen Augen vor dem Fenster.“

Papiertüte­nweise Süßigkeite­n gibt es auch bei Birgit Fuchs von Birgits Büdchen an der Johanniter­straße im Dellvierte­l – wenn auch aktuell nur mit Mindestabs­tand und Einzeleint­ritt in die Bude. In Zeiten von Corona erlebt sie viel Wertschätz­ung. „Die Leute sind froh, dass wir hier sind und ein offenes Öhrchen haben“, sagt Fuchs. Viele Menschen hätten in diesen Tagen ordentlich „Redebedarf“gegen die Einsamkeit. Logisch, ist die Trinkhalle doch der Ort, an dem kleine und große Probleme des Lebens diskutiert werden. Im Laden ist das aktuell aber nur kurz möglich.

Mit dem Umsatz ist sie zufrieden. Von Krise keine Spur. „Ich merke nicht viel, bin ja den ganzen Tag in meinem Büdchen.“Gerade Tageszeitu­ngen und Zeitschrif­ten, der neueste „Klatsch und Tratsch“, Telefonkar­ten und Artikel des täglichen Bedarfs laufen gut. Seit mehr als 45 Jahren ist ihr Büdchen Treffpunkt und Notversorg­er im Viertel. Quasi direkt umme Ecke. In der Corona-Krise haben sich scheinbar einige an diese Funktion der Trinkhalle­n zurückerin­nert.

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FOTO: ULLA MICHELS Jürgen Bruckmann ist Inhaber von BrucKis Büdchen in Hochheide. In der Corona-Krise ist er mit seinem Umsatz zufrieden.

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