Senioren machen jetzt Gymnastik auf Balkonen
Wegen der Corona-Krise muss das Sportangebot am Dietrich-Krins-Weber-Zentrum ausfallen. Die Bewohner halten sich trotzdem fit.
MITTE (joba) An der Mevissenstraße dient der Balkon fortan als Sportplatz. Dreimal die Woche trainieren die betagten Anwohner am Dietrich-Krins-Weber-Zentrum auf ihren Loggien. Zu Schlager-Musik tanzen, tippeln und turnen mehr als 20 Senioren. Fit bleiben während der Corona-Krise lautet die Devise. „So halten wir unsere Damen und Herren auf Trab“, meint Britta Tüffers-Schrey. Die Leiterin des Paritätischen Begegnungs- und Beratungszentrum ist seit kurzem zusätzlich Animateurin, Gymnastiktrainerin und Personal-Coach in einem. Montags, mittwochs und freitags zeigt sie ihre Übungen vor den Balkonen der Rentner, die das Angebot liebend gerne annehmen und mitmachen – auch mit Rollator oder Gehstock.
Bewohnerin Hiltrud Diem hält sich an diesem Vormittag gut gelaunt an ihrem Rollator fest. „Da mein Balkon abseits der meisten ist, mache ich davor mit – unten auf der Wiese“, erklärt die 80-Jährige. Zu „Fahrende Musikanten“von Nina und Mike tippelt sie zuerst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß – so, wie es Tüffers-Schrey vormacht. Hinter ihr, auf den Balkonen, singen einige der Sportler mit. Die Musik kommt aus einer der Wohnungen und rüttelt die ganze Straße auf; Nachbarn gesellen sich am Straßenrand dazu und filmen die ungewöhnliche Trainingseinheit.
„Ich brauche Bewegung. Mir fehlt der Reha-Sport“, sagt Hiltrud Dieme. Die neuen Bewegungseinheiten seien wunderbar. „Die ganzen alten Lieder, das ist doch einfach nur schön“, findet sie. Britta Tüffers-Schrey beobachtet eine gelöste und aktive Atmosphäre während der Übungen: „Die Leute haben Spaß, was zu tun, und rücken noch enger zusammen. Das ist schön zu sehen.“
Die Leiterin des zurzeit geschlossenen Begegnungszentrums kam mithilfe der Mitarbeiter auf die Idee, Sport mit dem nötigen Sicherheitsabstand zu machen. „Normalerweise bieten wir Reha-Sport und Sitzgymnastik an. Da das weggefallen ist, wollten wir den Anwohnern aber weiterhin Sport ermöglichen“, erzählt Tüffers-Schrey. Das Training sei aus gesundheitlichen Gründen wichtig für die Menschen. „Der Kreislauf bleibt in Schwung, und das Gleichgewicht wird trainiert.“
Gleichgewicht ist für Wilma Mand kein Problem. Die 85-Jährige macht jede Übung gekonnt mit. Bei „Die Hände zum Himmel“reißt sie ihre Arme hoch, streckt sie in jede Richtung und klatscht an manchen Stellen gemeinsam mit ihren Sport-Partnern rhythmisch im Takt. Viele strahlende Gesichter gucken sich von Brüstung zu Brüstung an. Nach knapp 20 Minuten ist die Trainingseinheit vorbei, Mand jedoch kein bisschen aus der Puste. „Ich bin ab jetzt immer dabei, ist doch klar“, lässt Wilma Mand keinen Zweifel aufkommen, dass sie die kommenden Wochen mittrainiert. „Wir lassen uns von der Krise nicht beherrschen. Wir gestalten die Chancen, die sich für uns daraus ergeben“, sagt Britta Tüffers-Schrey.