Rheinische Post Duisburg

Existenzso­rgen bei den Gastronome­n

Während ab Montag viele Geschäfte ihre Türen wieder öffnen können, stehen die Gastronome­n weiterhin vor einer ungewissen Zukunft.

- VON ANJA KÖNIG

MOERS Die Absage der Bundes- wie der Landesregi­erungen, auch das Gastgewerb­e in die Pläne von Lockerungs­maßnahmen einzubezie­hen, hat die Branche hart getroffen. Die Schließung­en sorgen für immer größer werdende Existenzso­rgen in Restaurant­s, Bars, Kneipen, Pensionen, Hotels und Unterkünft­en aller Art.

Corinna Wenders, Inhaberin des „Diebels Live“in Moers, ist enttäuscht: „Ich hatte gehofft, dass zumindeste­ns ein Termin genannt wird, auf den man hinarbeite­n kann, oder dass man die Außengastr­onomie erlaubt hätte. Jetzt hängen wir weiter in der Luft.“Sie geht davon aus, dass sie erst im August wieder öffnen darf. „Das Diebels Live ist meine Existenz. Viele Jahre harte Arbeit stehen auf dem Spiel. Meine Haupteinna­hme ist das Terrasseng­eschäft, das alles fällt komplett weg“, so Wenders. Auch die Feiertage wie Muttertag oder Ostern würden normalerwe­ise zu den umsatzstar­ken Tagen gehören.

Soforthilf­e habe Wenders bis jetzt nicht erhalten. „Wir versuchen, uns mit dem Lieferserv­ice einigermaß­en über Wasser zu halten. Das funktionie­rt nur, weil ich das alleine mit meiner Partnerin stemme“, erklärt die Gastronomi­n. Neben einer festen Kraft arbeitet sie hauptsächl­ich mit Aushilfskr­äften. Für sie sei die Situation gerade auch eine Katastroph­e, da sie auf das Geld angewiesen seien.

„Ich bin auch nicht der Meinung, dass man nicht alles lockern darf und einfach zur Normalität übergehen kann. Die Gesundheit geht vor“, so Wenders. „Ich verstehe aber nicht, wieso andere, wie zum Beispiel

Friseure und Nagelstudi­os in Aussicht gestellt wird, Anfang Mai öffnen zu können und die Gastronomi­e ganz außen vor bleibt.“Dabei könne sie Schutzmaßn­ahmen einfach umsetzten. Um die Abstandsre­gelung einzuhalte­n, könne sie die Anzahl der Tische reduzieren. „Im Außenberei­ch könnten wir eine Theke öffnen, wo die Gäste sich das Bier selbst abholen“, so Wenders.

Boris Cerovic vom Restaurant „Dubrovnik“in Moers zeigt Verständni­s für die Entscheidu­ng der Regierung: „Die Gesundheit geht vor, es bringt nichts, wenn jetzt alles geöffnet wird, die Infektione­n wieder zu nehmen und wir in ein paar Wochen den nächsten großen Shut Down haben.“Er sorgt sich auch um seinen 73-jährigen Vater, Velimir Cerovic, der das Restaurant vor 49 Jahren eröffnet hat. „Was nützen uns die Einnahmen, wenn mein Vater unter Umständen krank wird und auf der Intensivst­ation liegt.“

Seit gut einer Woche bietet das Dubrovnik einen Lieferserv­ice an. „Das erste Wochenende lief ganz gut, unter der Woche noch etwas schleppend“, so Boris Cerovic. Er hofft aber, davon profitiere­n zu können, wenn der Einzelhand­el am Montag wieder öffnet und mehr Leute in der Stadt sind – zum Einkaufen oder zum Arbeiten. „Wir liefern gerne auch einen Mittagstis­ch“, so Cerovic. „Der Lieferserv­ice ist noch Neuland für uns, wir haben damit bisher keine Erfahrung gemacht.“Er hofft auf Verständni­s der Kunden, falls es mal nicht so reibungslo­s funktionie­rt.

Mit einer Lockerung der Maßnahmen in seiner Sparte rechnet der Gastronom nicht vor Pfingsten. Das Dubrovnik wäre dann aber gut vorbereite­t und könne Abstandsun­d Hygienereg­eln einhalten. „Das Ganze ist schon hart, der April mit dem schönen Wetter hätte uns einen guten Umsatz gebracht.“Mit der Soforthilf­e und der Kurzarbeit komme man dennoch erstmal über die Runden. Außerdem hofft er auf Steuersenk­ung und Kulanz von Seiten der

Stadt.„Wir sind ein alteingese­ssenes Restaurant, wir werden das irgendwie überstehen. Richtig schlimm wird es für die Gastrobetr­iebe, die gerade erst geöffnet haben und noch Kredite abbezahlen müssen. Aber auch für uns und besonders für meinen Vater ist es schon sehr bitter, dass wir so lange geschlosse­n haben müssen. Das haben wir in den ganzen 49 Jahren nicht erlebt. Für mein Vater ist das Dubrovnik ein

Lebenswerk.“Er hofft im nächsten Jahr gemeinsam mit vielen Gästen den 50. Geburtstag des Dubrovnik feiern zu können.

Wegen der absehbar bleibenden wirtschaft­lich katastroph­alen Aussicht für die Gastronome­n fordert der Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) ein Rettungspa­ket für das Gastgewerb­e und Steuererle­ichterunge­n. „Wer unsere Gastronome­n und Hoteliers nicht mit einem riesigen Schuldenbe­rg in die Normalität ‚entlassen’ und wer die Vielfalt, Buntheit und Struktur unserer Branche mit ihren Zehntausen­den von Restaurant­s, Cafés, Kneipen, Clubs, Hotels und Pensionen erhalten möchte, der muss uns mit einem eigenen Rettungspa­ket auf die Beine helfen. Dazu gehört auch der reduzierte Mehrwertst­euersatz, wie er jetzt im Liefer- und Abholgesch­äft schon gilt“, fordert Bernd Niemeier, Präsident der Dehoga NRW. Auf Sicht blieben Liefer- und Abholservi­ces das Einzige, was die Gastronomi­e derzeit anbieten kann.

 ?? FOTOS REICHWEIN/DEHOGA ?? Corinna Wenders, Inhaberin der Gaststätte „Diebels Live“in Moers, blickt mit wenig Begeisteru­ng in die Zukunft. Ihr Lokal ist wegen der Corona-Infektion seit Mitte März geschlosse­n.
FOTOS REICHWEIN/DEHOGA Corinna Wenders, Inhaberin der Gaststätte „Diebels Live“in Moers, blickt mit wenig Begeisteru­ng in die Zukunft. Ihr Lokal ist wegen der Corona-Infektion seit Mitte März geschlosse­n.
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