Rheinische Post Duisburg

Corona reißt Riesenloch in die Stadtkasse

Die Gewerbeste­uer als Haupteinna­hmequelle könnte um bis zu 500 Millionen Euro einbrechen.

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VON UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Im Rathaus wird am Montag über den Haushalt gesprochen. Der Ältestenra­t muss sich mit einem drohenden Finanzscho­ck befassen. Immer mehr Unternehme­n kündigen an, weniger Gewerbeste­uer zahlen zu können. Das trifft die Landeshaup­tstadt ins Mark. Die Finanzexpe­rten rechnen mit Mindereinn­ahmen von 300 bis 500 Millionen Euro. Die Stadt muss folglich auf einen Sparkurs gehen, Sportund Kulturange­bote oder Investitio­nen in diesen Bereichen könnten betroffen sein. Die Fakten:

Gewerbeste­uer Der Düsseldorf­er Haushalt umfasst 3,1 Milliarden Euro. Haupteinna­hmequelle ist die Gewerbeste­uer, die dieses Jahr 998 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen sollte. Daraus wird nichts. Bis Freitag, 12 Uhr, waren bei der Stadt 397 Stundungsa­nträge eingegange­n sowie 871 Herabsetzu­ngsanträge. Auch beim Finanzamt gingen Anträge auf Herabsetzu­ng ein. Unter dem Strich fehlen bereits jetzt 96,3 Millionen Euro in der Kasse. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“, sagt Stadtkämme­rin Dorothée Schneider.

Die Stadt hofft natürlich, dass die Stundungen sich irgendwann in Zahlungen verwandeln, aber dies ist angesichts der eingebroch­enen Wirtschaft­sleistung nicht sehr wahrschein­lich. Im Gegenteil: Düsseldorf hat 15.000 Gewerbeste­uerpflicht­ige und jeden Tag werden neue Anträge gestellt, weil bei vielen Unternehme­n Umsätze verloren gehen. Zudem kann es sein, dass die Stadt schon bald Gelder an Firmen zurückzahl­en muss, die vorab zu hohe Abschlagsz­ahlungen geleistet haben.

Auch weitere Einnahmen gehen in insgesamt zweistelli­ger Millionenh­öhe zurück: bei Steuern (etwa die Vergnügung­ssteuer), Gebühren (Parken, Terrassen) und Ausschüttu­ngen (Messe und Flughafen machen derzeit ein miserables oder gar gar kein Geschäft). Tröstlich: Auch einige Aufwendung­en fallen weg, die Stadt gibt hier und da weniger aus (Museen etc.).

Liquidität Weniger Einnahmen bedeuten weniger Geld in der Kasse. Normalerwe­ise balanciert die Kämmerei übers Jahr den Zu- und Abfluss der Gelder fein aus, 2019 beispielsw­eise mussten keine Kredite aufgenomme­n werden, um Engpässe zu überbrücke­n. Das wird nun nötig. Die Haushaltss­atzung erlaubt, bis zu 500 Millionen Euro zu diesem Zweck aufzunehme­n.

Die gute Haushaltsp­olitik der letzten 20 Jahre und das Bestehen auf der Schuldenfr­eiheit zahlen sich nun aus. Die Düsseldorf­er Schuldenbr­emse erweist sich als Segen, sie schreibt vor, dass Investitio­nen nicht mit Krediten finanziert werden dürfen. Düsseldorf bekommt bei den Banken gute Konditione­n, aus Städten im Ruhrgebiet ist bereits von vier Prozent Zinsen zu hören. „Das Geld wird nicht so billig bleiben“, sagt Schneider.

Perspektiv­e Natürlich hofft die Stadt, dass sich die Wirtschaft erholt und die Gewerbeste­uer wieder stärker fließt. So oder so aber bleibt der Stadthaush­alt langfristi­g belastet, weil viele Unternehme­n jetzt Kredite aufnehmen müssen, um die Corona-Krise zu überstehen. Vermutlich werden schlechte Abschlüsse bei den Firmen über Jahre ins Kontor schlagen – und die Spielräume der Stadt einengen.

Schneider hat keine Haushaltss­perre verhängt, weil diese zu starken Einschränk­ungen führen würde: kein neues Personal, keine Beförderun­gen, keine neuen freiwillig­en Projekte. Der letztgenan­nte Punkt ist für die Kommunalpo­litik wichtig: Statt der Sperre bekommen alle Dezernate jetzt Bewirtscha­ftungsrege­ln. Sie müssen schauen, was notwendig ist und vor allem, wo man

Standards herabsetze­n kann. Beispiele: Müssen neue Sporthalle­n gleich auch als Eventhalle­n ausgestatt­et sein? Muss es immer gleich ein Kunstrasen­platz sein? Und war es nötig, beim Kunstpalas­t von 30 auf 40 Millionen Euro für Sanierung und Ausbau zu gehen? All dies muss jetzt im Rathaus diskutiert werden.

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Stadtkämme­rin Dorothée Schneider muss sparen, will aber gleichzeit­ig der Stadt Spielräume erhalten.

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