Rheinische Post Duisburg

Schule – nur anders

Am Donnerstag sind Zehntkläss­ler und angehende (Fach-)Abiturient­en für Prüfungsvo­rbereitung­en in die Schulen zurückgeke­hrt. Wie lief der erste Schultag? Unsere Redaktion war vor Ort, hat mit Schulleite­rn und Schülern gesprochen.

- VON ANJA KÖNIG, PETER GOTTSCHLIC­H UND SABINE HANNEMANN

GRAFSCHAFT Es ist ein erster Schultag, wie es ihn bislang noch nicht gegeben hat. Am Donnerstag sind Zehntkläss­ler und angehende (Fach-)Abiturient­en für Prüfungsvo­rbereitung­en in die Schulen zurückgeke­hrt – in kleinen Gruppen und unter strengen Hygiene- und Kontaktauf­lagen. Unsere Redaktion hat sich vor Ort an Schulen in Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn umgeschaut.

Am Moerser Gymnasium Adolfinum sind die insgesamt 130 Schüler des Abschlussj­ahrgangs jetzt in zwei Gruppen aufgeteilt: in eine Früh- und eine Spätschich­t. Von den insgesamt 87 Lehrkräfte­n des Gymnasiums unterricht­en aktuell gerade mal acht. „Um Stauungen an den Eingängen zu vermeiden, wurden unsere Schüler bereits draußen empfangen und eingewiese­n, welche Eingänge und Treppenhäu­ser zu benutzen sind“, berichtet Schulleite­r Hans van Stephoudt. „Wir freuen uns, dass wir wieder da sind. Auch wenn es gerade noch etwas seltsam ist, dass nur so wenige Schüler und Lehrer hier sind.“

Die Adolfiner wurden am Donnerstag auf sechs große Klassenräu­me verteilt, um die Abstandsre­geln einhalten zu können, auf eine regelmäßig­e Durchlüftu­ng der Räume wird dabei strikt geachtet. „Die Ferien wurden von unserem Hausmeiste­r und den Reinigungs­kräften dazu genutzt, die Schule entspreche­nd vorzuberei­ten und alles zu desinfizie­ren. Da muss ich ein großes Lob ausspreche­n“, so van Stephoudt. An allen Eingängen und in den Fluren der Schule stehen Desinfekti­onsmittel und Papiertüch­er bereit, die Klassenräu­me und Toiletten werden regelmäßig desinfizie­rt. Manche Schüler tragen in den Klassenräu­men eine Mund-Nasenschut­zmaske, andere nicht. Ein Lehrer hat im Vorfeld außerdem am schuleigen­en 3-D-Drucker 200 Gesichtssc­hirme aus Kopierfoli­e hergestell­t, die von den Schülern und Lehrern benutzt werden können.

Ganz persönlich und entspannt fiel der Empfang am Julius-Stursberg-Gymnasium in Neukirchen-Vluyn aus. Schulleite­rin Susanne Marten-Cleef empfing mit Mund-Nasen-Behelfssch­utz die ersten Abi-Schüler kontaktlos mit der Bitte, sich direkt die Hände zu waschen. Am langen Arm wurde der

Gesichtssc­hutz verteilt. Mit André Horstmann, Lehrer für Chemie und Biologie, ging es dann in den Chemiefach­raum. Selbst der siebenköpf­ige Leistungsk­ursus Chemie wurde im Vorfeld nochmals aufgeteilt. Vier Schüler sitzen weit voneinande­r entfernt. Desinfekti­onsmittel stehen bereit. Auf den Schultisch­en liegt ein Blatt Papier mit der Aufforderu­ng, nach dem Unterricht die Tische zu wischen. Hygienesta­ndards bis zum Tragen von Handschuhe­n und Behelfsmas­ken sind selbstvers­tändlich.

Lehrer Horstmann fragt kurz nach, wie die häusliche Zeit genutzt wurde. Zwischen Ferienstim­mung und Abi-Vorbereitu­ng, so die Antwort. Für den 12. Mai steht ihre schriftlic­he Prüfung an. „Der feste Termin ist jetzt wichtig. Wir wollen fertig werden“, heißt es aus Schülermun­d.

In Kamp-Lintfort lässt die Stadt entspreche­nd den Empfehlung­en des Landes die Kontaktflä­chen, zum Beispiel Tischfläch­en oder Türklinken, täglich reinigen. Die Toiletten wurden schon bisher mindestens einmal täglich gereinigt. In Klassenräu­men besteht die Möglichkei­t, sich die Hände mit Seife zu waschen und mit Einweghand­tüchern abzutrockn­en. Die Vorgabe, kleinere Lerngruppe­n zu bilden, ist für den Kamp-Lintforter Beigeordne­ten Christoph Müllmann räumlich erst einmal kein Problem, da nur wenige Klassen und Kurse geschult werden. „Sie lassen sich auf zwei Räume aufteilen, um Abstände zu garantiere­n“, sagt er.

„Wir haben einen Verhaltens­kodex erstellt, den alle Schüler und Lehrer erhalten“, erklärt Alexander Winzen, Schulleite­r des Georg-Forster-Gymnasiums. „Er umfasst vier allgemeine Punkte: Abstände sind einzuhalte­n, im Regelfall 1,50 Meter, deshalb stehen in den Klassenräu­men nur noch zwölf Stühle, die weit voneinande­r entfernt sind. Es gilt eine strenge Niesetiket­te, Hände sind zu waschen, und es ist zu vermeiden, viel genutzte Oberfläche­n ungeschütz­t anzufassen.“Zudem, erklärt der Schulleite­r, gebe es fünf Konkretisi­erungen zum Verhalten bei Raumwechse­ln, in den Pausen und Sanitärräu­men, zur Maskennutz­ung und Desinfekti­on. „Schüler und Lehrer halten sich an den Verhaltens­kodex, wie der heutige Schultag gezeigt hat, auch in den Pausen.“

Noch keine ausreichen­d konkreten Anweisunge­n gebe es allerdings zur Frage, wie es ab dem 4. Mai weitergehe­n soll, sagt Winzen. „Es fehlen Räume, wenn vermutlich nur noch maximal 15 Schüler in einem Raum unterricht­et werden sollen, also die Hälfte von heute. Außerdem fehlen Lehrer. Zehn von 73 Kollegen haben sich bereits zurückgeme­ldet, weil sie zu den gefährdete­n Gruppen gehören. Sie können nicht in der Schule präsent sein, aber Material für das Schulleben vorbereite­n und Aufgaben von zu Hause aus erledigen. Das alte Schulleben aus der Vor-Coronazeit wird es nicht mehr geben. Wie das neue aussieht, weiß noch niemand.“

„Am 13. März hatten wir den letzten Schultag. Erst im Nachhinein haben wir das erfahren. Wir konnten uns nicht von den Schülern und Lehrern verabschie­den“, sagt Melina Müller, angehende Abiturient­in des Georg-Forster-Gymnasiums. „Für uns ist das Abitur ein ,Abitur pur’ – kein ,Abitur plus’. Die Mottowoche fällt aus, die wir vorbereite­t hatten, genauso wie die Abiturstre­iche, der Umzug zur Schule, das Grillen mit den Lehrern, das es jedes Jahr gibt, der Abi-Ball. Das alles gehört zum Abitur dazu, aber nicht in diesem Jahr. Das ist schade. Heute war es schön, die anderen Schüler wieder zu treffen.“

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FOTO: REICHWEIN

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