Schule – nur anders
Am Donnerstag sind Zehntklässler und angehende (Fach-)Abiturienten für Prüfungsvorbereitungen in die Schulen zurückgekehrt. Wie lief der erste Schultag? Unsere Redaktion war vor Ort, hat mit Schulleitern und Schülern gesprochen.
GRAFSCHAFT Es ist ein erster Schultag, wie es ihn bislang noch nicht gegeben hat. Am Donnerstag sind Zehntklässler und angehende (Fach-)Abiturienten für Prüfungsvorbereitungen in die Schulen zurückgekehrt – in kleinen Gruppen und unter strengen Hygiene- und Kontaktauflagen. Unsere Redaktion hat sich vor Ort an Schulen in Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn umgeschaut.
Am Moerser Gymnasium Adolfinum sind die insgesamt 130 Schüler des Abschlussjahrgangs jetzt in zwei Gruppen aufgeteilt: in eine Früh- und eine Spätschicht. Von den insgesamt 87 Lehrkräften des Gymnasiums unterrichten aktuell gerade mal acht. „Um Stauungen an den Eingängen zu vermeiden, wurden unsere Schüler bereits draußen empfangen und eingewiesen, welche Eingänge und Treppenhäuser zu benutzen sind“, berichtet Schulleiter Hans van Stephoudt. „Wir freuen uns, dass wir wieder da sind. Auch wenn es gerade noch etwas seltsam ist, dass nur so wenige Schüler und Lehrer hier sind.“
Die Adolfiner wurden am Donnerstag auf sechs große Klassenräume verteilt, um die Abstandsregeln einhalten zu können, auf eine regelmäßige Durchlüftung der Räume wird dabei strikt geachtet. „Die Ferien wurden von unserem Hausmeister und den Reinigungskräften dazu genutzt, die Schule entsprechend vorzubereiten und alles zu desinfizieren. Da muss ich ein großes Lob aussprechen“, so van Stephoudt. An allen Eingängen und in den Fluren der Schule stehen Desinfektionsmittel und Papiertücher bereit, die Klassenräume und Toiletten werden regelmäßig desinfiziert. Manche Schüler tragen in den Klassenräumen eine Mund-Nasenschutzmaske, andere nicht. Ein Lehrer hat im Vorfeld außerdem am schuleigenen 3-D-Drucker 200 Gesichtsschirme aus Kopierfolie hergestellt, die von den Schülern und Lehrern benutzt werden können.
Ganz persönlich und entspannt fiel der Empfang am Julius-Stursberg-Gymnasium in Neukirchen-Vluyn aus. Schulleiterin Susanne Marten-Cleef empfing mit Mund-Nasen-Behelfsschutz die ersten Abi-Schüler kontaktlos mit der Bitte, sich direkt die Hände zu waschen. Am langen Arm wurde der
Gesichtsschutz verteilt. Mit André Horstmann, Lehrer für Chemie und Biologie, ging es dann in den Chemiefachraum. Selbst der siebenköpfige Leistungskursus Chemie wurde im Vorfeld nochmals aufgeteilt. Vier Schüler sitzen weit voneinander entfernt. Desinfektionsmittel stehen bereit. Auf den Schultischen liegt ein Blatt Papier mit der Aufforderung, nach dem Unterricht die Tische zu wischen. Hygienestandards bis zum Tragen von Handschuhen und Behelfsmasken sind selbstverständlich.
Lehrer Horstmann fragt kurz nach, wie die häusliche Zeit genutzt wurde. Zwischen Ferienstimmung und Abi-Vorbereitung, so die Antwort. Für den 12. Mai steht ihre schriftliche Prüfung an. „Der feste Termin ist jetzt wichtig. Wir wollen fertig werden“, heißt es aus Schülermund.
In Kamp-Lintfort lässt die Stadt entsprechend den Empfehlungen des Landes die Kontaktflächen, zum Beispiel Tischflächen oder Türklinken, täglich reinigen. Die Toiletten wurden schon bisher mindestens einmal täglich gereinigt. In Klassenräumen besteht die Möglichkeit, sich die Hände mit Seife zu waschen und mit Einweghandtüchern abzutrocknen. Die Vorgabe, kleinere Lerngruppen zu bilden, ist für den Kamp-Lintforter Beigeordneten Christoph Müllmann räumlich erst einmal kein Problem, da nur wenige Klassen und Kurse geschult werden. „Sie lassen sich auf zwei Räume aufteilen, um Abstände zu garantieren“, sagt er.
„Wir haben einen Verhaltenskodex erstellt, den alle Schüler und Lehrer erhalten“, erklärt Alexander Winzen, Schulleiter des Georg-Forster-Gymnasiums. „Er umfasst vier allgemeine Punkte: Abstände sind einzuhalten, im Regelfall 1,50 Meter, deshalb stehen in den Klassenräumen nur noch zwölf Stühle, die weit voneinander entfernt sind. Es gilt eine strenge Niesetikette, Hände sind zu waschen, und es ist zu vermeiden, viel genutzte Oberflächen ungeschützt anzufassen.“Zudem, erklärt der Schulleiter, gebe es fünf Konkretisierungen zum Verhalten bei Raumwechseln, in den Pausen und Sanitärräumen, zur Maskennutzung und Desinfektion. „Schüler und Lehrer halten sich an den Verhaltenskodex, wie der heutige Schultag gezeigt hat, auch in den Pausen.“
Noch keine ausreichend konkreten Anweisungen gebe es allerdings zur Frage, wie es ab dem 4. Mai weitergehen soll, sagt Winzen. „Es fehlen Räume, wenn vermutlich nur noch maximal 15 Schüler in einem Raum unterrichtet werden sollen, also die Hälfte von heute. Außerdem fehlen Lehrer. Zehn von 73 Kollegen haben sich bereits zurückgemeldet, weil sie zu den gefährdeten Gruppen gehören. Sie können nicht in der Schule präsent sein, aber Material für das Schulleben vorbereiten und Aufgaben von zu Hause aus erledigen. Das alte Schulleben aus der Vor-Coronazeit wird es nicht mehr geben. Wie das neue aussieht, weiß noch niemand.“
„Am 13. März hatten wir den letzten Schultag. Erst im Nachhinein haben wir das erfahren. Wir konnten uns nicht von den Schülern und Lehrern verabschieden“, sagt Melina Müller, angehende Abiturientin des Georg-Forster-Gymnasiums. „Für uns ist das Abitur ein ,Abitur pur’ – kein ,Abitur plus’. Die Mottowoche fällt aus, die wir vorbereitet hatten, genauso wie die Abiturstreiche, der Umzug zur Schule, das Grillen mit den Lehrern, das es jedes Jahr gibt, der Abi-Ball. Das alles gehört zum Abitur dazu, aber nicht in diesem Jahr. Das ist schade. Heute war es schön, die anderen Schüler wieder zu treffen.“