Die neue Exit-Strategie
Das Corona-Management läuft auseinander. Der bundesweite Konsens bröckelt.
Das neue Zauberwort im Tauziehen der Bundesländer um Lockerungen oder Fortführung der Corona-Maßnahmen heißt „regional“. Das Kanzleramt und immer mehr Ministerpräsidenten geben die Devise aus, dass auf unterschiedliche Ausbruch-Situationen unterschiedlich reagiert werden muss. Das wäre dann eine Art Exit-Strategie aus dem Dilemma, dass sich NRW und Bayern, das Saarland und Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und der Rest der Republik sowieso nicht einig werden, wie lange und in welcher Form das öffentliche Leben beschränkt bleiben muss. Nun könnte man meinen, in Europa sind die Maßnahmen
auch nicht einheitlich. Warum sollte ein Flickenteppich nicht auch in Deutschland funktionieren? Die Antwort ist einfach: In Europa sind die Binnengrenzen weiterhin geschlossen. In Deutschland soll man zwar zurzeit nicht, man kann aber ungehindert durch die Republik reisen. Einkaufstourismus zwischen den Bundesländern und auch der Vorwurf der Chancenungleichheit für die Wirtschaft sind also programmiert, wenn sich die Ministerpräsidenten nicht einigen können.
In Europa sind die Maßnahmen im Süden und im Osten besonders streng, während in Deutschland und auch in den skandinavischen Ländern
doch eine eher milde Form des Shutdowns gelebt wird. Beides funktioniert. Man kann aber den Eindruck gewinnen, dass in jenen Ländern, in denen die Bürger ihrer Regierung vertrauen, die Maßnahmen besonders gut angenommen und umgesetzt werden. Wie in so vielen anderen offenen Fragen dieser Tage werden wir erst in Zukunft wissen, welche Politik der Kontaktvermeidung wirksam ist. Ohne Akzeptanz kann sie in Demokratien jedenfalls nicht erfolgreich sein. In Deutschland gehört ein bundesweiter Konsens zwingend dazu.