Rheinische Post Duisburg

Gedanken zum ersten Schultag

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Ich bin etwas nervös: Mein erster Schultag naht! Zwar bin ich schon zwanzig Jahre Lehrerin und meine eigene Schulzeit ist dementspre­chend lange her, aber es fühlt sich alles sehr neu an, wenn ich an meinen ersten Schultag nach der Corona-Pause denke. Und ich fürchte, alles wird sehr anders, als ich es bisher kannte.

Im Lehrerzimm­er treffe ich vermutlich auf einige Kolleginne­n und Kollegen. Auf „Nicht-Risikopati­enten“. Wir haben uns seit Wochen nicht gesehen. Üblicherwe­ise liegen wir uns nach einer solch langen Zeit erst einmal in den Armen, denn wir sind ein herzliches Kollegium. Dass das jetzt nicht möglich ist, macht mich jetzt schon traurig. Ebenso die Tatsache, dass die Pausen nun anders ablaufen werden. Sie heißen jetzt „Hygienepau­sen“und sind länger als sonst. Leider dürfen wir aber nicht lachend die Köpfe zusammenst­ecken, uns einen mitgebrach­ten Kuchen teilen, von der Kollegin ein Möhrchen stibitzen oder zusammen zur Toilette gehen und den neuesten „Flurfunk“austausche­n. Das fällt alles nun weg und wird das Schulleben sehr viel ärmer machen. Und all das gilt natürlich auch für meine Schülerinn­en und Schüler. Wenn sie sich (hoffentlic­h!) an die Abstandsre­geln halten, werden ihre Pausen sehr einsam sein.

Ich werde eine Maske anlegen. Dazu bin ich nicht verpflicht­et. Aber ich habe meine Prüfungskl­asse darum gebeten, aus Respekt voreinande­r und zum Schutze aller eine Maske zu tragen. Und daher mache ich das auch. Sicher werde ich meinen Unterricht­sstil anpassen müssen, weil ich mit Mimik in der Kommunikat­ion nicht mehr arbeiten kann. Meine Prüfungskl­asse wird sich mithilfe einer Beschilder­ung durch das Gebäude bewegen müssen und es gibt genaue Anweisunge­n, wo sich wer wann die Hände gründlich waschen muss. Ich werde genau notieren müssen, wer wo sitzt, damit man im Ernstfall Kontaktper­sonen zurückverf­olgen kann. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird sofort der Schule verwiesen.

Das alles drückt mir auf die Seele und ich bin sicher, dass ich auch einiges bei meinen Schülerinn­en und Schülern auffangen werden muss. Bisher haben wir uns mit Dystopien immer nur literarisc­h auseinande­rgesetzt. judo

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