Digitaler geht es nicht
Seit fünf Jahren gibt es das Symposium „On/Live“im FFT – jetzt komplett online.
Wie sieht das Theater einer Generation aus, die sich eine Welt ohne digitale Vernetzung, Smartphones und soziale Netzwerke nicht mehr vorstellen kann? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Forum Freies Theater (FFT) nicht erst jetzt, wo Corona den Kulturbetrieb dazu zwingt, sich zu digitalisieren. Schon seit fünf Jahren gibt es das Symposium „On/Live“, das sich mit dem Theater der Digital Natives, also junger Menschen, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind, auseinandersetzt. „Wir möchten Theater aus Sicht junger Menschen machen und erforschen, wie es sich dadurch verändert“, sagt Dramaturgin Katja Grawinkel-Claassen. Das Symposium findet auch in diesem Jahr statt, am 10. Mai als reines Online-Format — digitaler geht‘s also nicht.
Den ersten Vortrag hält Arne Vogelgesang über ein hochaktuelles Thema: Zoombombing. Das Videokonferenz-Angebot wird zurzeit viel im Home-Office genutzt, aber auch von Schülern. Immer wieder kommt es vor, dass Fremde, die in diesem Video-Call nichts zu suchen haben, teilnehmen, unter anderem, um pornografisches Material sowie rassistische und antisemitische Ansichten zu teilen. Zwischen den Vorträgen und Diskussionen gibt die sogenannte „Lightningtalks“: sehr kurze Präsentationen, in denen eigene
„Wir möchten Theater
aus Sicht junger Menschen machen und erforschen, wie es sich
dadurch verändert“ Projekte und Fragestellungen vorgestellt werden. Das können kurze Vorträge sein, aber auch Performances, Reden oder Spielanleitungen. Normalerweise finden sie live statt, coronabedingt werden sie dieses Jahr als Video veröffentlicht. Jeder kann mitmachen und ein 1,5-minütiges, selbstproduziertes Video zum Thema „Scheitern im Netz“einreichen.
Digitales Theater gibt es natürlich auch. Das ist für die Organisatoren des Symposium kein Neuland: „Anstelle von klassischen Bühnenstücken haben wir auch vorher schon alternative Formate des Theaters ausprobiert“, erklärt Dramaturgin Grawinkel-Claassen. In diesem Jahr hat das Medientheaterkollektiv machina Ex, das seit 2010 an der Schnittstelle von Theater und Computerspiel forscht, krisenbedingt eine Spontanproduktion rausgehauen: „Lockdown“funktioniert über das Smartphone, alle Teilnehmer machen von zuhause aus mit. Sie schlüpfen in die Rolle von Tess‘ WG-Mitbewohnern, die wie jeden Tag zur Arbeit gefahren und nun verschwunden ist.
Gemeinsam begeben sich die Teilnehmer auf die (digitale) Suche nach ihrer Mitbewohnerin. In Chats und Anrufen, an bekannten und unbekannten Orten des Internets entfaltet sich eine Geschichte, die die Spieler aus ihren Wohnzimmern heraus maßgeblich mitbestimmen können.
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