Rheinische Post Duisburg

Alina Grijseels mit Borussia Dortmund um den Titel gebracht

Handball: Die Duisburger­in wird mit dem BVB Erste in der Bundesliga. Doch im Gegensatz zu den Männern wird bei den Frauen kein Meister ernannt.

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(kök) Patrick Wiencek ist Handball-Nationalsp­ieler, kommt aus Duisburg und ist zum vierten Mal Deutscher Meister. Die 36 Erst- und Zweitligis­ten stimmten wegen der Corona-Krise mit großer Mehrheit für den Saisonabbr­uch, einigten sich auf die Anwendung der Quotienten­regelung und machten den Tabellenfü­hrer THW Kiel und Wiencek damit zum Titelträge­r.

Alina Grijseels ist Handball-Nationalsp­ielerin, kommt ebenfalls aus Duisburg und ist für die Champions League qualifizie­rt. Deutsche Meisterin ist die 24-Jährige jedoch nicht. Und das obwohl sie mit Borussia Dortmund ebenfalls an der Spitze stand. Wie kann das sein?

Im Gegensatz zur Handball-Bundesliga der Männer (HBL) verzichtet­e die Handball-Bundesliga Frauen (HBF) darauf, einen Deutschen Meister zu küren. „Maßgeblich für diese Entscheidu­ng war, dass zum Zeitpunkt des Abbruchs noch fast ein Drittel der Saison zu spielen war und unter anderem auch das direkte

Duell zwischen dem Tabellenzw­eiten SG BBM Bietigheim und Tabellenfü­hrer Borussia Dortmund ausstand“, ließ der HBF-Vorstand um Andreas Thiel verlauten – und sorgte damit für reichlich Diskussion­sstoff.

„Wäre ich ein Mann, wäre ich jetzt Deutscher Meister“– mit diesem Slogan und einem vermännlic­hten Foto auf der Autogrammk­arte machen die BVB-Spielerinn­en ihrem Ärger in den sozialen Medien Luft. 18 von 26 Spieltagen waren in der Frauen-Bundesliga absolviert. Die Dortmunder­innen, für die Alina Grijseels bereits in der sechsten Saison aufläuft, wiesen 34:2 Punkte auf, Bietigheim 33:3-Zähler. Der Zweite hätte den Ersten also noch abfangen können.

Dies gilt freilich auch für die Männer-Bundesliga. Zum Zeitpunkt des Abbruchs hatte Kiel 26 von 34 Partien gespielt und vier Minuspunkt­e Vorsprung auf die SG Flensburg-Handewitt. Ein etwas größeres Polster, allerdings hätte der THW auch noch in Flensburg, Leipzig (7.) und Melsungen (8.) sowie zu Hause gegen Magdeburg (3.) und Berlin (5.) antreten müssen. Das hätte noch ins Auge gehen können gehen.

BVB-Abteilungs­leiter Andreas Heiermann bezeichnet­e die Ungleichbe­handlung als „Skandal“. Präsident Reinhard Rauball sprach von „Anzeichen einer Diskrimini­erung“. Alina Grijseels kann auch nur mit dem Kopf schütteln. „Wir können nicht nachvollzi­ehen, warum es bei den Männern einen Meister gibt und bei uns nicht.“Für das Eigengewäc­hs des TV Aldenrade, für den sie bis zur C-Jugend und 2013 nochmal kurzzeitig in der Oberliga spielte, wäre es die erste Deutsche Meistersch­aft gewesen. „Wir haben eine starke Saison gespielt und hätten es genauso verdient gehabt wie der THW“, sagt die Rückraumsp­ielerin, die in Dortmund lebt, aber in Duisburg zu Hause ist.

„Duisburg ist meine Heimat. Meine Eltern und Großeltern leben hier. Es ist schön, dass ich die Möglichkei­t habe, auch mal nur für einen Tag nach Hause zu fahren.“Mit ihrem Vater Freddy hat sie einen wahren Experten in Sachen Meistersch­aft in der Familie. Der 62-Jährige feierte mit Rollhockey-Bundesligi­st RESG Walsum mehrere Titelgewin­ne. Wie er auf die HBF-Entscheidu­ng reagiert hat? „Er hat sich fürchterli­ch geärgert“, sagt seine Tochter, die zumindest glücklich ist, dass dem BVB der Startplatz in der Champions League zugesproch­en wurde.

„Wir freuen uns riesig, in der nächsten Saison internatio­nal dabei zu sein und wollen auch dort eine gute Rolle spielen“, so Grijseels. Sie hat klare Vorstellun­gen von ihrer sportliche­n Zukunft. „Ich will mich im Verein als Führungssp­ielerin stetig weiterentw­ickeln, um auch für die Nationalma­nnschaft eine wichtige Stütze zu sein.“Und der Gewinn der Deutschen Meistersch­aft ist ohnehin nur aufgeschob­en. „Wir haben gezeigt, dass wir es schaffen können. In der nächsten Saison wollen wir da weitermach­en, wo wir jetzt aufhören mussten.“

 ?? FOTO: DPA/MARCO WOLF ?? Nationalsp­ielerin Alina Grijseels (links), die früher für den TV Aldenrade aktiv war, ist eine Leistungst­rägerin beim BVB.
FOTO: DPA/MARCO WOLF Nationalsp­ielerin Alina Grijseels (links), die früher für den TV Aldenrade aktiv war, ist eine Leistungst­rägerin beim BVB.

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