Rheinische Post Duisburg

Angeklagte­r wünscht sich Maßregelvo­llzug

Prozess vor dem Landgerich­t Kleve. Ein 29-Jähriger soll an Geldautoma­tensprengu­ng in Moers beteiligt gewesen sein.

- VON JENS HELMUS

KLEVE / MOERS Bandenmäßi­ge Geldautoma­tensprengu­ngen und Einbrüche werden einem 29-jährigen Deutschen vorgeworfe­n, der sich am Montag vor dem Klever Landgerich­t verantwort­en musste. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem in Kempen geborenen Mann unter anderem vor, an der Sprengung eines Geldautoma­ten an der Moerser Franz-Haniel-Straße beteiligt gewesen zu sein. Die Tresortür des Automaten flog bis auf die andere Straßensei­te und schlug dabei Kerben in den Asphalt.

Der Angeklagte soll laut Staatsanwa­ltschaft der Kopf einer dreiköpfig­en Bande gewesen sein. Die anderen beiden Männer wurden deswegen im Oktober vergangene­n Jahres zu Freiheitss­trafen verurteilt: Vier Jahre und drei Monate bekam ein 28-Jähriger, drei Jahre und drei Monate ein 20-Jähriger. Beide kommen aus dem Raum Krefeld, wo auch der nun angeklagte 29-Jährige lebte.

Der Angeklagte gab sich am Montag nicht wortkarg: Er ließ sich ausführlic­h zu seinem Lebenslauf und den Anklagevor­würfen ein, bat die Kammer zwischendu­rch gar, Notizen

zu machen. Ein österreich­ischer Psychologe habe bei ihm das Asperger-Syndrom – eine Form des Autismus – festgestel­lt, so der Angeklagte. Außerdem sei er Drogenkons­ument. Sein Verteidige­r hatte zuvor bereits ein psychiatri­sches Gutachten wegen des erklärten Konsums seines Mandanten beantragt.

Ein entscheide­nder Tag im Leben des Angeklagte­n: Der 24. Juli 2010, Tag der Loveparade-Katastroph­e in Duisburg. „Das hat mein Leben zerrissen“, sagt er, ohne Genaueres dazu zu schildern. Danach habe er Straftaten begangen, um sich Drogen und Alkohol zu finanziere­n. Er landete im Gefängnis, saß von 3,5 Jahren gut zwei Jahre ab.

Fachabitur­ient, Hochbau-Facharbeit­er, Student in Aachen, Glücksspie­ler, Kellner im Bierkönig auf Mallorca und in Krefeld, Teilhaber eines Spielcafés – der Angeklagte präsentier­t im Gerichtssa­al eine bunte Biografie. Ein wiederkehr­endes Motiv: die Drogen. Kokain, Speed, Alkohol – er wolle im Falle einer Verurteilu­ng in den Maßregelvo­llzug, so der Angeklagte. „Wenn ich untherapie­rt entlassen werde, ist das für mich in Anführungs­zeichen ein Todesurtei­l.“Dauerte der Maßregelvo­llzug länger als die erwartete Freiheitss­trafe, es wäre ihm egal, sagt er.

Auch zu den neun Anklagepun­kten äußert sich der 29-Jährige detaillier­t: Er räumte vier Einbrüche ein, bestritt jedoch die Mitwirkung an Automatens­prengungen – einschließ­lich der Sprengung am 14. Oktober 2018 in Moers. Er habe seinen Kumpels gleich klargemach­t: „Ich sprenge überhaupt nichts.“

Wenngleich die Kammer das Ziel hatte, am Montag ein Urteil zu fällen, gab es Verzögerun­gen. Die Verteidigu­ng beantragte die Ladung weiterer Zeugen. Der Prozess wird an einem neuen Termin fortgesetz­t.

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