Ethische Debatte um den Immunitätspass
Ein Ausweis für Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, bietet nicht nur Chancen.
DÜSSELDORF Die Diskussion um Chancen und Risiken eines Immunitätsausweises, wie er derzeit in Köln getestet wird, erreicht die nordrhein-westfälische Landespolitik. Ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums sagte, das Projekt müsse aus zwei Perspektiven beurteilt werden: Auf Grundlage des derzeitigen Wissensstands könne ein Immunitätsausweis nicht abschließend bewertet werden. „Problematisch ist vor allem, dass aktuelle Antikörpertests nicht verlässlich genug sind“, sagte der Sprecher. Auch seien die daraus resultierenden Immunitätsfolgen noch nicht ausreichend belegt und entsprechende Rückschlüsse zweifelhaft. „Entsprechend
ist ein Immunitätsausweis mit den damit verbundenen individuellen Folgen für Inhaber und vor allem Nicht-Inhaber nach aktuellem Kenntnisstand kritisch zu sehen.“Die technischen Grundlagen der Umsetzung könnten hingegen vielversprechend sein.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Mehrdad Mostofizadeh, warnte ebenfalls vor den Folgen eines solchen Ausweises: „Hoch problematisch scheint mir eine Kategorisierung der Gesellschaft unter vermeintlichen gesundheitspolitischen Maßstäben zu sein.“Deswegen müsse der Weg sein, für möglichst alle die Freizügigkeit wiederherzustellen und abzusichern. „Der Jackpot ist nicht die überwundene Infektion Einzelner mit einer möglicherweise fragwürdigen Immunität, sondern der Gesundheitsschutz für möglichst viele.“
Mostofizadeh fürchtet, dass denjenigen, die keinen Ausweis hätten, sogar Stigmatisierung und gesellschaftliche Nachteile drohten. Andere, die im Gesundheitsbereich arbeiteten, würden womöglich in besonderer Weise herangezogen: „Bereits jetzt sind nach dem Willen der Bundesregierung 60 Stundenwochen
„Der Jackpot ist nicht
die überwundene Infektion Einzelner“ auf Intensivstationen möglich“, so Mostofizadeh.
Auch SPD-Fraktionsvize Lisa Kapteinat äußerte sich zurückhaltend: „Ein Immunitätsausweis macht nur dann Sinn, wenn auch eindeutig geklärt ist, dass nach einer durchlaufenen Erkrankung tatsächlich eine Immunität entsteht und zuvor Erkrankte keine Überträger mehr sein können.“Insbesondere für die Durchführung bestimmter Tätigkeiten wie etwa in der Pflege oder für den Kontakt zu vulnerablen Gruppen wie Demenzerkrankten könne ein solcher Ausweis dann eine enorme Erleichterung und Entlastung sein. „Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass der Träger des Ausweises auch die Hoheit über die Daten behält“, verlangte sie.