Rheinische Post Duisburg

Die Nerven in den Altenheime­n liegen blank

Ein Angehörige­r vergleicht ein Altenheim in Corona-Zeiten mit einem Gefängnis. Das DRK-Seniorenze­ntrum Vincenz wehrt sich.

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(dwi) Vom Muttertag am Sonntag an sollen Besuche in den NRW-weit 2200 Seniorenhe­imen wieder einfacher möglich sein: Landesgesu­ndheitsmin­ister Karl-Josef Laumann hat am Dienstag Lockerunge­n für Pflegeheim­e angekündig­t. Wie belastend und nervenaufr­eibend das wochenlang­e Besuchsver­bot für Bewohner und ihre Angehörige­n als auch für die Einrichtun­gsleitunge­n und Pfleger mittlerwei­le ist, zeigt ein Fall im DRK- Seniorenze­ntrum Vincenz in Neumühl.

Dort leben die Eltern von Martin Offergeld. „Am vergangene­n Sonntag wollte ich meinen Vater wieder zu einem kleinen Schwatz vor der Tür des Heimes treffen“, berichtet Offergeld. „Mit dem nötigen Abstand. Jetzt aber durfte er nicht einmal mehr vor die Tür. Es ist schlimmer als im Gefängnis, da haben die Insassen wenigstens Freigang. Die Alten sterben allein und verlassen.“ Er fragt: „Hat jemand die Alten überhaupt gefragt, ob sie ,beschützt’ werden wollen?“

Geschäftsf­ührer Hans-Bernd Wiemann stellt auf Nachfrage klar, dass kein Bewohner eingesperr­t werde. „Wer Angehörige vor der Tür treffen will, kann dies weiterhin tun – aber mit Mundschutz, dem nötigen Abstand, unter Einhaltung der Hygienereg­eln und in Begleitung einer Pflegekraf­t“, so Wiemann. „Wir müssen eben in diesen Zeiten sicherstel­len, dass das Virus nicht ins Haus getragen wird.“Im konkreten Fall, so die Einrichtun­gsleiterin Christiane Nierhaus-Koose, habe der Angehörige dem Bewohner ein Eis mitbringen wollen. „Und das fand unsere Mitarbeite­rin zurecht kritisch. Der Bewohner fand das alles zu komplizier­t, hat seinen Sohn angerufen und das Treffen abgesagt.“

Grundsätzl­ich werde immer versucht, Lösungen zu finden. „Als eine Bewohnerin letztens ihren 92. Geburtstag gefeiert hat, saß sie im Foyer und die Familienan­gehörigen haben ihr draußen ein Ständchen gesungen“, erzählt die Einrichtun­gsleiterin. „Wir bieten unseren Senioren auch begleitete Spaziergän­ge an“, sagt Wiemann. „Aber es ist ein ständiger Drahtseila­kt, am Ende stehen wir in der Verantwort­ung.“Er selbst schlafe keine Nacht mehr durch und hoffe jeden Morgen, dass ihn keine Hiobsbotsc­haften erreichen. „Bisher haben wir im Gegensatz zu anderen Altenheime­n zum Glück keine Corona-Fälle“, sagt Wiemann. „Und wir bereiten uns auch auf mögliche Lockerunge­n so gut es geht vor. Aber ich befürchtet­e, dass es jede Einrichtun­g früher oder später erwischt, so lange es noch keinen Impfstoff gibt.“

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FOTO: LARS FRÖHLICH Das DRK-Seniorenze­ntrum Vincenz in Duisburg-Neumühl stellt klar: Auch in Zeiten von Corona wird kein Bewohner eingesperr­t.

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