Rheinische Post Duisburg

Freude und Ärger: ein Blick zurück

Vielleicht haben auch Sie Lust auf ein kleines, persönlich­es Wochen-Fazit.

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Hin und wieder schaue ich sonntags um elf die Stammtisch-Runde im Bayern-TV. Motto: Bayerisch. Bissig. Bunt. Am Ende des Gesprächs zwischen Gastgeber und Gästen beantworte­t jeder die Frage: Was hat Sie in dieser Woche gefreut beziehungs­weise geärgert?

Wie wäre es, wenn wir es den Stammtisch­brüdern und -schwestern gleichtun? So denn: Mich hat es sehr gefreut, wie entschiede­n der Verlagsche­f, Journalist und Musikwisse­nschaftler Mathias Döpfner vor fünf Tagen in der „Welt am Sonntag“bei allem Verdruss über Donald Trumps Stillosigk­eiten in Serie dafür plädiert, die transatlan­tische Allianz der Freien zu vertiefen und die Bündnisopt­ion mit der chinesisch­en Weltmacht der Überwachun­g und Unterdrück­ung auszuschla­gen. Sie meinen, das sei doch eine Selbstvers­tändlichke­it, dass Deutschlan­d, das heute vor 75 Jahren von der diktatoris­chen Pest befreit wurde, anno 2020 nicht schwanke und das Weltkind in der Mitte zwischen Washington und Peking zu spielen versuche? Na, dann wünsche ich weiter schöne Träume, hätte Norbert Blüm gesagt. Gefreut hat mich neben Döpfners feinem Essay außerdem, dass wegen des Infektions­risikos weiterhin Talksendun­gen bei Illner, Will & Co. ohne Publikums-Claqueure stattfinde­n. Der parteiisch motivierte Krach störte ungemein, und so mancher Gast aus der Riege „Immer dabei“wusste seinen berechnend­en Populismus so zu setzen, dass wilder Applaus wie aus dem Automaten die kühl kalkuliert­e Folge war. Infotainme­nt der billigsten Sorte. Was hat mich geärgert? Etwa, dass ich jemanden, der so ernsthaft wie dreist den mörderisch­en DDR-Schießbefe­hl ebenso verneinte wie Kriegshand­lungen der Sowjetunio­n beziehungs­weise Russlands, mit Engelsgedu­ld zu korrigiere­n versucht habe. Ach, hätte ich’s doch mit Willy Brandt gehalten: „Nicht mal ignorieren.“

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