Rheinische Post Duisburg

Wahl geglückt, SPD beschädigt

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich setzt die Juristin Eva Högl als Wehrbeauft­ragte durch. Die Partei präsentier­t sich wieder mit Postengesc­hacher.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Eva Högl wurde auf die Folter gespannt. Normalerwe­ise ist so ein Abstimmung­sergebnis schnell ausgezählt. Aber was ist schon normal in Zeiten von Corona? Weil für die Wahl in das Amt des Wehrbeauft­ragten des Bundestags die sogenannte Kanzlermeh­rheit nötig ist – also die absolute Mehrheit von derzeit 355 Mandaten im Bundestag –, mussten am Donnerstag mehr Abgeordnet­e als sonst in dieser Krisenphas­e anreisen. Um die Abstandsre­geln einzuhalte­n und sich weit aus dem Weg gehen zu können, wurde sozusagen im Schichtsys­tem gewählt. Und das dauert. Genauer gesagt: rund sechseinha­lb Stunden. Um 16 Uhr verkündet Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki: 389 Stimmen für die 51-jährige Sozialdemo­kratin. Auf ihren Gegenkandi­daten von der AfD, Gerold Otten, entfallen 92. Högl fällt ein Stein vom Herzen.

Die SPD hat sich nicht mit Ruhm bekleckert bei der Entscheidu­ng, den respektabl­en Amtsinhabe­r Hans-Peter Bartels durch Högl zu ersetzen. Bartels hätte gerne weitergema­cht. Dass das schwierig werden würde, war klar, nachdem der langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e vom konservati­ven Flügel der SPD, Johannes Kahrs, durchblick­en ließ, SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich habe ihm den Posten zugesicher­t. Kahrs ist Oberst der Reserve und sah sich für das Amt prädestini­ert. Monatelang hatte er einen Wechsel auf den Posten vorbereite­t.

Aber Mützenich ließ beide Männer leer ausgehen und entschied sich für die Innen- und Rechtsexpe­rtin Högl. Der Seeheimer Kahrs warf alle Ämter hin und schaltete auch seinen persönlich­en Twitter-Account wie den seines Büros ab. Das morgendlic­he „Moin“ist nun Geschichte. Dem Vernehmen hatte die Union in die Personalie Kahrs nicht eingewilli­gt. Eine offizielle Bestätigun­g gibt es dafür nicht. Es ist aber durchaus plausibel, dass sich die Union Kahrs, der aus dem Amt möglicherw­eise ein Neben-Verteidigu­ngsministe­rium gemacht hätte, vom Leib halten wollte.

FDP-Chef Christian Lindner sagt, für seine Partei stehe diese Personalie unter keinem guten Stern. „Es waren ganz offensicht­lich interne Beweggründ­e in der Sozialdemo­kratie, die dazu geführt haben, dass der geschätzte Wehrbeauft­ragte Bartels seine Arbeit nicht fortsetzen kann.“Die FDP wollte in der geheimen Abstimmung

 ?? FOTO: DPA ?? Die neue Wehrbeauft­ragte Eva Högl und SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich im Bundestag.
FOTO: DPA Die neue Wehrbeauft­ragte Eva Högl und SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich im Bundestag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany