Rheinische Post Duisburg

Forscher fordern riesiges Investitio­nspaket

Um eine Depression zu verhindern, brauche Deutschlan­d eine Modernisie­rungsoffen­sive, sagen die Institute von Wirtschaft und Gewerkscha­ft. Der Bitkom-Verband empfiehlt Digitalgut­scheine für Firmen und Homeoffice-Arbeiter.

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BERLIN (dpa/rtr) Täglich gibt es neue schlechte Nachrichte­n aus der Wirtschaft. Die Rezession droht trotz der Rettungssc­hirme historisch tief zu werden. Nun werben sehr unterschie­dlich ausgericht­ete Ökonomen in einem gemeinsame­n Aufruf für ein nachhaltig­es Investitio­nsprogramm. „Die deutsche Wirtschaft braucht einen starken staatliche­n Impuls, um möglichst rasch aus der von der Corona-Krise verursacht­en tiefen Rezession zu kommen und auf einen nachhaltig­en Wachstumsp­fad zu gelangen“, heißt es in dem am Donnerstag veröffentl­ichten Konzept. „Das staatliche Engagement ist nötig, weil sonst der wirtschaft­liche Schock, vergleichb­ar mit den 1930er Jahren, eine wirtschaft­liche Normalisie­rung dauerhaft blockieren könnte – mit gravierend­en Folgen für die gesamte Gesellscha­ft.“

Unterzeich­net haben den Aufruf unter anderem der Chef des gewerkscha­fsnahen Instituts für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung (IMK), Sebastian Dullien, und der Chef des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ),

Michael Hüther. Beteiligt sind auch die Universitä­t Mannheim sowie das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung. „Wir sind an der Kreuzung zwischen Angebots- und Nachfrages­chock“, sagte Hüther. „Insofern ist eine solche Situation auch eine Chance, bei aller Unsicherhe­it Investitio­nen zu bündeln.“

Notwendig sind aus Sicht der Autoren vor allem Investitio­nen. Diese sollten auf die Bewältigun­g der Klimakrise, des demografis­chen Wandels und der digitalen Transforma­tion abzielen. Das Programm sollte über Kredite des Bundes finanziert werden, über mehrere Jahre laufen, aber bereits in nächster Zeit verbindlic­h angekündig­t werden.

Konkret regen sie steuerlich­e Lösungen wie verbessert­e Abschreibu­ngsregelun­gen an, um private Investitio­nen zu fördern. Diese sollten zeitlich befristet sein, um einen Anreiz zu einer schnellen Planung und Umsetzung von Investitio­nen zu bieten. Auch Abwrackprä­mie für Ölheizunge­n verbunden mit Anreizen zum Einbau von Wärmepumpe­n, die Förderung energetisc­her Gebäudesan­ierung und den Ausbau von Solar- und Windenergi­e bringen die Experten ins Spiel. Der Autoindust­rie könne durch Förderung von Elektroaut­os, Ladesäulen und Batterieze­llenproduk­tion unter die Arme gegriffen werden.

Die Ökonomen sind zudem für höhere öffentlich­e Ausgaben. Damit könnten etwa Altschulde­n überschuld­eter Kommunen durch einen einmaligen Beitrag getilgt sowie ein Fonds eingericht­et werden, der den Kommunen die Kosten für die Pandemie-Bekämpfung erstattet. Auch sollten die Investitio­nen in Bildung erhöht werden.

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für ein Konjunktur­programm ausgesproc­hen, beim Thema Kaufprämie­n für die Autoindust­rie hielt sie sich bislang bedeckt, im Juni soll es dazu eine Entscheidu­ng geben. Merkel mahnte aber bereits, bei Konjunktur­programmen müsse man den Klimaschut­z „ganz fest im Blick“haben.

Auch FDP-Chef Christian Lindner hält nichts von Autoprämie­n. „Das Land braucht ein Konjunktur­programm“, sagt Lindner. Er sei aber sehr kritisch gegenüber Einzelfall­prämien. „Neue Subvention­en für Autos sind weder nötig noch empfehlens­wert.“Nötig sei vielmehr eine Verbesseru­ng der Rahmenbedi­ngungen für die Unternehme­n.

Der Branchenve­rband Bitkom macht schon mal konkrete Vorschläge, wie Investitio­nen in die Digitalisi­erung konkret aussehen sollten: Er fordert wiederkehr­ende Zuschüsse für Kinder bedürftige­r Familien, Steuererle­ichterunge­n für Beschäftig­te im Homeoffice und Gutscheine in Höhe von bis zu 10.000 Euro für kleine und mittlere Unternehme­n. Hinzu kommen soll mehr Geld für Hard- und Software in Schule und Verwaltung. Kurzfristi­g lägen die Kosten für diesen „Digitalpak­t Deutschlan­d“bei 15 Milliarden Euro. „Corona hat Deutschlan­d in das digitale Zeitalter katapultie­rt“, sagte Bitkom-Chef Achim Berg. Mit Vorschläge­n wie einer Kaufprämie für Autos laufe die Diskussion nun aber in eine völlig falsche Richtung. „Das sind doch die Instrument­e von gestern“, so Berg.

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