So geht Kino in Corona-Zeiten
Was vor 40 Jahren populär war, erlebt in der Pandemie einen Aufschwung. Ein Besuch im Moerser Autokino.
MOERS-RHEINKAMP Vor 40 Jahren, da gingen Elke und Frank Kapluck noch gerne ins Kino. Doch in einem Saal zu sitzen, dicht an dicht mit vielen anderen Menschen – das hat sie noch nie gereizt. Das Paar machte es sich lieber im Auto gemütlich. Meistens gab es Zombiefilme in Essen. Dort war bis vor kurzem das einzige Autokino, das sie kannten. Als Elke Kapluck in der Zeitung las, dass nun auch in Moers eines eröffnen sollte, schrieb sie in die Whatsapp-Familiengruppe und schlug einen Besuch vor. Tochter Katja sagte sofort zu. Sie hatte den Film „Joker“zwar schon vor einigen Monaten gesehen, doch in Corona-Zeiten mit der Familie ins Kino zu gehen, klang verlockend.
Am Samstagabend steht ihr Auto also neben dem ihrer Eltern. Es gibt Popcorn und Cola vom Kiosk auf dem Sportparkgelände. Vor dem Film reden sie über alte Zeiten. „Kannst du dir vorstellen, dass ich mit 18 schon den ersten Videorekorder gekauft habe?“, fragt Elke Kapluck ihre Tochter. Die schüttelt den Kopf. Sie lächelt. „Einmal im Leben sollte man mit der Tochter im Autokino gewesen sein“, sagt die Mutter. „Ja, toll, Lebensziel erreicht“, witzelt Katja.
Einige Reihen hinter der Rheurdter Familie sitzen Conny und Patrick Anlahr aus Moers. Obwohl das Ehepaar laut Conny die Hochzeit des Autokinos miterlebt hat, hat es nie eines besucht. Dass sie das einmal wegen einer Pandemie nachholen würden, hätten die neiden nie für möglich gehalten. Doch Conny Anlahr ist zufrieden: Sie findet es schön, dass das „Moers Marketing“-Team sich Gedanken gemacht hat, wie es diese Zeit für die Menschen erträglicher machen kann. „Viele meckern an allem herum. Das Kino sei zu klein, die Leinwand auch und so weiter“, sagt die 51-Jährige. Doch ihr gefalle die Atmosphäre sehr gut. Und: In ihrem Auto sei es sauberer als in den klassischen Kinosälen. Darin könne sie es sich richtig gemütlich machen. Ihr Mann bringt ihr ein Bier vom Kiosk mit. Insgesamt gebe es auf dem Gelände einen guten Service und auch das Einweisen auf den Parkplatz habe wunderbar funktioniert, sagen die Anlahrs.
Auf dem Parkplatz am Sportzentrum in Rheinkamp stehen die Autos versetzt im Schachbrettmuster. So kann jeder durch die Windschutzscheibe die ganze Leinwand sehen. Vor dem Film stellen alle Besucher ihre Autoradios auf die Frequenz 93,7. So empfangen sie den Ton des „Jokers“.
Michael Birr, Geschäftsführer von Moers Marketing, steht am Rand des Platzes. Gerade läuft die Werbung des Sponsors Enni mit Fernsehstar
Detlef Steves. Er erklärt den Zuschauern, dass sie die Fenster während des Films hochkurbeln müssen, dass sie nur einzeln und mit Maske auf die Toilette gehen dürfen und auf Hupen und Tagfahrlicht verzichten sollen. Der Motor darf während des Films nicht laufen. Wer später Batterieprobleme hat, bekommt Hilfe vom Moers Marketing Team: Mit Fremdstarterkits verspricht es, den Wagen wieder flott zu machen.
Die Sicherheitshinweise hat Birr am Einlass in einer sogenannten Goodie-Bag an die 120 Autofahrer verteilt. Darin finden sich auch Infomaterial über den Hauptsponsor, die Enni-Unternehmensgruppe, und die Sparkasse am Niederrhein sowie zwei kleine Päckchen gesalzene Erdnüsse und Gummibärchen von der BMW Fett & Wirtz Automobile GmbH.
Birr ist zufrieden mit der Resonanz des ersten Wochenendes. „Die Vorstellung ist ausverkauft“, sagt er. Eigentlich passen 200 PKW auf den Parkplatz, doch für die erste Abendvorstellung hat das „Moers Marketing“-Team erst einmal nur 120 Autos zugelassen. Das hat gut funktioniert. Die Zuschauer seien sehr diszipliniert, trügen außerhalb des Autos Schutzmasken und hielten sich an die Regeln, sagt Birr. Wenn das so bleibt, können sich die Moerser bis zum 7. Juni über eine Abwechslung in den tristen Pandemie-Zeiten freuen.