Hochfeld ist international – und infektiös
Vermehrte Covid-19-Fälle in Hochfelder Großfamilien bereiten der Stadt Duisburg Sorgen. Das Gesundheitsamt testet nun 1060 Schüler in dem vom Coronavirus besonders stark betroffenen Stadtteil.
(ms) Hochfeld gerät in der Corona-Krise immer mehr in den Fokus: In den vergangenen zwei Wochen wurden hier 16 Menschen positiv auf das Virus getestet, eine Covid-19-Erkrankung verlief tödlich.
Hochfeld ist besonders international: 18.500 Menschen leben im Stadtteil, der Ausländeranteil lag Ende 2019 bei 59 Prozent. Von den Corona-Fällen seien meist größere Familien aus Südosteuropa betroffen, berichtet Stadtsprecherin Susanne Stölting am Montag. „Die Ersterkrankung, also der Indexfall in Hochfeld, konnte nicht zweifelsfrei ermittelt werden“, ergänzt sie.
Das Gesundheitsamt muss vor Ort unter erschwerten Bedingungen arbeiten: Am 30. April nahmen mobile Teams in den betroffenen Häusern Abstriche. Einige Bewohner suchten sie vergeblich. Um sich dennoch ein genaueres Bild über das Ausmaß zu machen, nehmen die Einsatzkräfte ab Mittwoch Tests bei 1060 Schülern der Grundschulen an der Friedenstraße, an der Brückenstraße und am Hochfelder Markt. Anders als an anderen Schulen steht der Betrieb dort am Montag und Dienstag still, die Stadt muss die Tests erst vorbereiten.
Die Rachenabstriche werden in den Klassenräumen genommen. Drei Tage nach den Tests rechnet der Krisenstab der Stadt mit den Ergebnissen. „Kinder, bei denen eine Covid-19-Virusinfektion festgestellt wird, müssen bis zur Ausheilung in häuslicher Quarantäne bleiben, um eine Ansteckung der Klassenkameraden und ihrer Familien zu vermeiden“, sagt Stölting. Die Kinder können eine Erkrankung zwar oft beschwerdefrei überstehen, sind aber potenzielle Multiplikatoren. Die Stadt möchte eine weitere Ausbreitung so vermeiden.
Bereits zuvor waren in der Corona-Krise Probleme in Hochfeld öffentlich geworden: Ordnungsamt und Polizei stellten dort Schwerpunkte bei Verstößen gegen das Kontaktverbot fest. Das Problem besteht nach Angaben von Augenzeugen weiterhin: Am Freitagabend sollen sich 60 Menschen auf dem Vorplatz der Pauluskirche getummelt haben. Eine Insassin der 903 berichtet von einer Gruppe von etwa 20 bis 30 Jugendlichen, die am Donnerstagmittag geschlossen vom Hauptbahnhof zum Platanenhof fuhren – ohne die Mund- und Nasenschutzpflicht zu beachten.
Am Montagmittag herrscht auf den Gehwegen an der Wanheimer Straße Hochbetrieb. In den Drogeriemärkten, Imbissen und Bäckereien halten sich die Menschen an die Maskenpflicht. Verstöße gegen das
Kontaktverbot sind aber in den Seitenstraßen offensichtlich: Vier Männer sitzen in einem Hauseingang, eine sechsköpfige Gruppe steht vor einem Internetcafé.
„Stadt und Ordnungsamt machen einen guten Job und tun, was sie können“, sagt Erkan Üstünay, der Vorsitzende des Integrationsrats. Er sieht, anders als zu Beginn der Corona-Krise, nicht mehr die Sprachbarriere als Hauptproblem. „Der Ernst der Lage ist angekommen. Viele reagieren auf die Regeln aber mit Trotz“, kritisiert er. Vor allem junge Männer würden teilweise keine Einsicht zeigen. „Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen den Ethnien“, unterstreicht Üstünay. In Hochfeld leben viele Menschen mit Wurzeln in der Türkei, Rumänien, Bulgarien und Afrika.
Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Verstößen gegen das Kontaktverbot und der Häufung der Sars-CoV-2-Infektionen sieht das Gesundheitsamt nach Angaben aus dem Rathaus nicht. Problematisch seien allerdings große Familien, in denen Kontakte nicht mehr nachverfolgt werden können und eine Isolation aufgrund der Wohnsituation nur schwer umzusetzen sei. Schließlich würden die Familien mit vielen Kindern ohne Garten auf engem Raum leben. „Hier leben viele Menschen auf dichtem Raum“, betont auch Üstünay.
Durch die präventiven Tests in den Schulen sollen Kontaktkette erkannt und frühzeitig unterbrochen werden. Was die Testergebnisse aus den drei Grundschulen für die lokalen Lockerungen bedeuten, ist unklar. Susanne Stölting sagt: „Bisher wurde die Zahl von 50 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tage immer deutlich unterschritten. Wie sich die Zahlen weiterentwickeln, bleibt abzuwarten.“