Rheinische Post Duisburg

In Duisburg gibt es seit Montag „endlich wieder guten Kaffee“

Am Montagmorg­en haben auch in Duisburg die ersten Cafés wieder geöffnet. Ein Besuch bei Dobbelstei­n, im Fino und im „Pollok“.

-

(F.P.) David Kaufmann sitzt selig auf einem Hocker, nippt an seinem Espresso Macchiato und schaut aus dem Fenster auf den Salvatorwe­g. Der Duisburger ist Stammgast im „Fino“– seit Montagmorg­en dürfen Cafés und Restaurant­s wieder öffnen. „Endlich wieder guter Kaffee“, sagt er erleichter­t, auch wenn sich der erste Besuch nach dem Lockdown noch nicht nach Normalität anfühlt.

Es ist leerer als sonst, der eine oder andere zögert offenbar noch, ob er wirklich wieder draußen seinen Kaffee trinken soll. „Normalerwe­ise bin ich jeden Morgen hier. Wir sind immer zehn Jungs, die sich hier regelmäßig treffen“, erzählt Kaufmann. Genau das habe er in den vergangene­n Wochen vermisst, erklärt er durch seine Stoff-Maske. Hinter der Theke schäumt derweil Barista Ahmad Zouzou die Milch für den nächsten Cappuccino. Auch er trägt Maske. Chef Bora Erdogan markiert den Boden gerade mit rot-weißem Band.

Die Gäste sollen Abstand halten. „Wir sind in den vergangene­n Wochen immer wieder gefragt worden, warum wir nichts to go anbieten. Aber die Gesundheit meiner Mitarbeite­r und der Gäste war mir wichtiger“, erklärt Erdogan. Stattdesse­n nutzte er die Café-Räume, um Mund-Nasen-Schutz zu verkaufen – im großen Stil an Kliniken, Krisenstäb­e und öffentlich­e Stellen, aber auch an Endverbrau­cher. „Das geht weiter“, sagt der 39-Jährige und zeigt, wie viele Anfragen via E-Mail ihn erreichen. Das Café ist für den Geschäftsf­ührer der Sicherheit­sfirma BAE eine „Herzenssac­he“. „Ich trinke ja selbst gerne guten Kaffee. Ich will nichts sagen, aber es ist wirklich schwierig, guten Kaffee in Duisburg zu bekommen.“

Doris Lange und Manfred

Wolter nutzen die Gelegenhei­t am Montagmorg­en, um bei „Dobbelstei­n“eine Tasse Tee zu trinken. Die 82-Jährige und der 84-Jährige sitzen beide vor Kopf eines längs gestellten Tisches. Sie leben in verschiede­nen Haushalten und freuen sich, „nun ein Stückchen Lebensqual­ität wieder zu haben“. Beide tragen wie vorgeschri­eben Masken.

An der Fensterfro­nt schlendert ein alter Bekannter vorbei, normalerwe­ise auch ein Stammgast. Mund und Nase hat er bedeckt, zum Gruß lupft er seine Brille. Um die Augen zeichnet sich ein Lächeln ab, in der Hand hält er einen Blumenstra­uß. „Haste

Muttertag vergessen oder sind die Blumen für mich?“, scherzt Manfred Wolter. Noch ist von der typischen Caféhaus-Atmosphäre und vom Sehen- und Gesehenwer­den nicht viel zu spüren. Sogar auf den kleinen Keks, den es normalerwe­ise zum Kaffee dazu gibt, müssen die Gäste derzeit verzichten.

Inhaberin Heike Dobbelstei­n passt auf, dass die Regeln eingehalte­n werden – zu groß ist die Angst, dass die Gastronome­n sonst wieder schließen müssen. „Wir haben ja die ganze Zeit weiter Kuchen verkauft. Aber in den ersten Tagen nach der Schließung haben meine Familie und ich uns nur von Fleischwur­st und Kartoffels­alat ernährt, weil wir noch Vorräte für das Café hatten.“Ihre Schwester Anja, die den Betrieb am Sonnenwall führt, hat sogar Klopapier verschenkt. „Mehl und Zucker gingen bei uns auch gut weg, aber am meisten war Hefe gefragt“, beschreibt Heike Dobbelstei­n.

Wer das Kö-Café betritt, muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Die Tische sind leer – Zuckerdose­n, Blümchen und auch die Speisekart­e musste verschwind­en. „Erst muss man sich in die Liste eintragen, dass man Gast bei uns ist“, beschreibt Heike Dobbelstei­n das Prozedere. Name, Adresse und Telefonnum­mer müssen von jedem angegeben werden.

So wollen die Behörden die Infektions­kette nachverfol­gen können. Anschließe­nd wird die Speisekart­e aufgetisch­t – und nach jedem Besuch muss alles desinfizie­rt werden. „Wir haben die Hälfte der Stühle ins Lager gebracht, damit man genügend Platz hat.“Und das Personal muss den ganzen Tag Masken tragen. „Man gewöhnt sich dran“, erklärt Vera Cacic, die an diesem Montag ihren ersten Arbeitstag seit der Krise hat.

Szenenwech­sel: Birgit Pollok hat sich die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht, ob sie am Montag wieder eröffnen soll. Sie hat sich entschiede­n, die Öffnungsze­iten von ihrem Café Pollok leicht zu modifizier­en.

Montag bis Freitag gibt’s nun von 11 Uhr bis 18 Uhr ein Stückchen Kuchen, die legendären Zimtschnec­ken und zur Mittagszei­t Suppen und Quiche. Mit goldenen Glitzerbuc­hstaben hat sie „Abstand“auf den Boden geschriebe­n. „Ich konnte die Zeit schon auch ein bisschen genießen, aber allmählich muss auch wieder Geld reinkommen“, sagt sie. Zumal immer noch nicht ganz sicher sei, wofür genau sie als Selbststän­dige die Corona-Soforthilf­e verwenden dürfe. Zwölf bis 14 Gäste finden momentan bei ihr maximal Platz. Sie hofft auf das Verständni­s der Besucher, dass sie sich nicht stundenlan­g an einem Cappuccino festhalten, wenn andere Kunden ebenfalls gerne hinein wollen.

Immerhin: Im Ofen dampft ein Schokokuch­en und die ersten beiden Gäste haben gerade etwas geordert. Seit zwei Jahren gibt es das „neue Glück“nun an der Wallstraße. Wenn alle wieder kommen, die es ihr versproche­n haben, werden es auch noch ein paar mehr.

 ?? FOTO: STEFAN AREND ?? Aber bitte mit Mundschutz: Kellnerin Vera Cacic in ihrer neuen Arbeitskle­idung.
FOTO: STEFAN AREND Aber bitte mit Mundschutz: Kellnerin Vera Cacic in ihrer neuen Arbeitskle­idung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany