Gutachter sieht Rückfall-Gefahr
Ein 27-Jähriger aus Kamp-Lintfort steht wegen Missbrauchs vor Gericht.
MOERS Bastian S. trug seine Bundeswehruniform, als er Anfang Juni 2019 zur Vernehmung in die Polizeiwache Wesel kam. „Er machte einen kooperativen Eindruck,“sagt die Polizistin, die ihn damals befragte, am Dienstag im Zeugenstand. Sie habe den Eindruck gehabt, der 27-Jährige zeige ehrliche Reue. S. war kurz zuvor von seiner Ehefrau des sexuellen Missbrauchs der beiden Kinder beschuldigt worden. Fünf Taten räumte er damals auf der Wache ein, ließ sich Therapieangebote von der Beamtin zeigen.
Doch was S. einräumte, war nicht ansatzweise das, was er tatsächlich getan hatte. Am ersten Prozesstag gestand er mehr als 30 Fälle teils schweren sexuellen Missbrauchs seiner leiblichen Tochter (heute 3), seines Stiefsohnes (6) und seiner kleinen Nichte. Für Bastian S., der als IT-Fachmann für die Bundeswehr gearbeitet und zuletzt in Kamp-Lintfort gelebt hat, geht es um sehr viel in diesem Prozess. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft, außerdem steht die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Raum. Das Verfahren des Klever Landgerichts findet in einer auswärtigen Strafkammer in Moers statt.
Der Psychiater Jack Kreutz hat ein Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten erstattet. Er bescheinigt S. eine überdurchschnittliche
„Was seine Kinder betrifft, ist keine Empathie erkennbar“
Intelligenz, hat ihn bei den Gesprächen in der JVA Kleve als gehemmt und introvertiert erlebt. Über die Taten habe S. „präzise und emotionsfrei“mit ihm gesprochen. „Was seine Kinder betrifft, ist keine Empathie erkennbar.“S. verharmlose den Missbrauch und die Folgeschäden für die Kinder. „Vorwürfe macht er sich nicht“, sagt Kreutz. Der Angeklagte ist davon überzeugt, dass er ein „Nein“der Kinder immer respektiert habe.
„Viele Sexualstraftäter waren selbst Opfer und haben eigene Traumata zu verarbeiten“, sagt Kreutz. Aber das sei bei S. nicht so. Mit Anfang 20 begann S., sich für Nacktbilder von Kindern zu interessieren. Als er seine Frau kennenlernte, löschte und verdrängte er die Bilder. „Als es in der Ehe nicht mehr so gut lief, fing er wieder damit an“, sagt Kreutz. Er konnte keine Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung oder eine seelische Abartigkeit bei S. feststellen. Seine Steuerungsfähigkeit war laut Kreutz nie eingeschränkt. Im Gegenteil: S. wartete immer ab, bis seine Frau nicht da war, um sich an den Kindern zu vergehen, er ging nie kopflos vor – S. ist also voll schuldfähig. In der Haft habe er immer noch pädosexuelle Fantasien. „Er sagt, er kämpft dagegen an“, sagt Kreutz.
Als Gutachter muss er auch das Rückfallrisiko einschätzen. Im Falle von S. ist die Prognose „äußerst ungünstig“. „Die Wahrscheinlichkeit, dass er rückfällig wird, ist relativ hoch.“In Freiheit sei es nur eine Frage der Zeit, bis wieder etwas passiere. Dienstag soll das Urteil fallen.
Gutachter und Psychiater