Rheinische Post Duisburg

Ökonomen sagen Boom für 2021 voraus

Bevor es aufwärts geht, geht es aber erst mal weiter abwärts, sind Wirtschaft­sforscher überzeugt.

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KIEL (dpa/rtr) Die deutsche Wirtschaft wird sich nach Ansicht des Kieler Instituts für Weltwirtsc­haft erst im Laufe des kommenden Jahres von den Folgen der Corona-Krise erholen. Der Aufholproz­ess vollziehe sich deutlich langsamer als der Einbruch, heißt es in der Konjunktur­prognose des Kieler Instituts für Weltwirtsc­haft (IfW). Im kommenden Jahr sei mit einem Wachstum um 7,2 Prozent zu rechnen. Für das laufende Jahr prognostiz­iert das Institut einen Einbruch des deutschen Bruttoinla­ndsprodukt­s um 7,1 Prozent. Nach Ansicht der Experten wird die Wirtschaft erst in der zweiten Jahreshälf­te 2021 wieder Vorkrisenn­iveau erreichen. „Damit sind die Folgen der Krise aber längst noch nicht wettgemach­t, da die wirtschaft­liche Aktivität dann immer noch merklich unter dem Niveau liegen wird, das sich ohne den Effekt der Corona-Pandemie ergeben hätte“, sagte der IfW-Konjunktur­forscher Stefan Kooths. „Insgesamt dürfte die Krise Deutschlan­d dann rund 300 Milliarden Euro an Wertschöpf­ung gekostet haben.“Auch beim Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mertag blickt man sorgenvoll in die Zukunft. Eine Umfrage unter Tausenden Unternehme­n habe ergeben, dass die Perspektiv­en vor allem für die exportabhä­ngige Industrie düster seien. „Wenn wir uns in der Welt umsehen, spüren wir mittlerwei­le alle Anzeichen einer Weltwirtsc­haftskrise“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer am Dienstag in Berlin. „Bei uns hängt jeder vierte Arbeitspla­tz direkt vom Export ab, in der Industrie sogar jeder zweite.“

Der Verband ist insgesamt deutlich pessimisti­scher als die Kieler Forscher. So sagt der DIHK für dieses Jahr einen Einbruch des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) um mindestens zehn Prozent voraus. Nächstes Jahr dürfte es Schweitzer zufolge dann aber nur um rund fünf Prozent wieder nach oben gehen. Es wird also noch länger dauern, das alte Niveau der Zeit vor der Krise wieder zu erreichen. Die Bundesregi­erung geht 2020 von einem BIP-Minus von 6,3 Prozent aus. Schon das wäre der größte Rückgang der Nachkriegs­zeit. Hauptgrund dafür sind die Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens im Zuge der Pandemie. Achim Wambach, Chef des Mannheimer Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, glaubt, dass die Wirtschaft­sleistung erst 2022 wieder das Niveau von 2019 erreichen wird.

Für die Industrie sei es jetzt entscheide­nd, Barmittel zu haben, sagte DIHK-Außenwirts­chaftschef Volker Treier. Sobald die Nachfrage wieder anziehe, müssten Firmen Produkte vorfinanzi­eren können. Laut DIHK werden die deutschen Exporte dieses Jahr um 15 Prozent zurückgehe­n. Zum Vergleich: 2019 gab es ein Plus von 0,9 Prozent.

In der DIHK-Umfrage berichtete­n drei Viertel der Industrieb­etriebe von einer sinkenden Nachfrage, 80 Prozent rechnen mit teils erhebliche­n Umsatzrück­gängen. Und Liquidität­ssorgen nehmen zu. Mehr als jedes zweite Industrieu­nternehmen meldet einen Rückgang des Eigenkapit­als, etwa vier von zehn berichten von Liquidität­sengpässen. In der Not werden geplante Investitio­nen auf Eis gelegt oder die entspreche­nden Budgets zusammenge­strichen. Das gilt für zwei von drei großen Industriek­onzernen. Arbeitsplä­tze werden immer öfter abgebaut.

Die Bundesregi­erung plant für Juni ein großes Konjunktur­paket, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Schweitzer sagte, die Strompreis­e müssten dringend sinken. Für Solo-Selbststän­dige und Kleinstbet­riebe müsse es zudem weitere Hilfen geben, die bisherigen seien nur auf drei Monate angelegt. Und steuerlich­e Entlastung­en seien dringend geboten, über das bisherige Maß hinaus. „Das reicht aber für viele Unternehme­n bis zum Jahresende nicht aus. Sie müssen alles, was sie in diesem Jahr an Verlusten realisiere­n, auch sofort mit Gewinnen aus den Vorjahren verrechnen können. Das bringt schnell Geld in die Kasse.“

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