Kultkneipe Gleis drei startet am Vatertag
Der Wirt will seinen Biergarten erweitern, um Umsatzeinbußen abzufedern. Das Kabarett soll im Herbst wieder beginnen. Mit Waschmaschinen hat er sich über Wasser gehalten. Er plant eine Hygieneumlage von zwei Euro.
GROSSENBAUM Am Vatertag geht’s endlich wieder los. Dann startet die beliebte Kultkneipe Gleis drei nach der Corona-Zwangspause erneut. Walent Kristic und sein Team bauen gerade die Tische auf dem Vorplatz am Großenbaumer Bahnhof auf. Kristic setzt seine Hoffnungen in die Außen-Gastronomie. Dazu will er den Biergarten erweitern. Der Wirt hofft, damit Umsatzeinbußen, die durch die Abstandsregeln entstehen, abfedern zu können. Denn: „Wenn wir nur noch 30 oder 40 Prozent Umsatz machen können, halten wir das nicht lange durch“, so der Gastronom. Dieses Jahr hätte richtig gut werden können“, sagt er. Endlich mal keine neuen Investitionen, tolles Wetter zum Saisonstart, im Sommer Public-Viewing zur Fußball-EM, Kabarettt mit gefragten Künstlern. Stattdessen: Lockdown, Kurzarbeit und Bangen um die Zukunft. Die düsteren Nachrichten von befreundeten Gastronomen über massive Umsatzeinbrüche bis zu 75 Prozent klingen nicht gerade ermutigend. Doch Kristic ist zuversichtlich, dass seine Kunden wieder kommen: „Das ist ein guter Standort hier in Großenbaum.“
Er hat frische Ware geordert, die Kühlung hochgefahren, eine Schutzwand für die Theke und neue Bistrotische bestellt. Die kleinen Tische sollen im Veranstaltungsraum aufgestellt werden, denn dort finden vorläufig keine Kabarettabende statt. Im Biergarten soll eine zusätzliche Zapftheke installiert werden.
Bis Juni hat die Stadt die Miete für die Außengastronomie erlassen. Eine Hilfe. Was er anschließend für den erweiterten Biergarten zahlen muss, weiß Kristic noch nicht. Raum ist auf dem ehemaligen Bahnhofsvorplatz jedenfalls genug – und der Betrieb schräg gegenüber wird nichts dagegen haben. Es ist sein Sohn Sami, der dort seit einem Jahr das Vinorado führt. Die Weinbar startet den Betrieb ebenfalls am Donnerstag um 14 Uhr, und zwar mit Selbstbedienung. Im Gleis wird weiter serviert. Aber Kristic verkleindert die Karte auf zehn Gerichte. Es gibt Schnitzel, Currywurst, ein paar Salate. Mit einem Gewinn rechnet der Wirt nicht: „Wenn’s gut läuft, kommen wir bei plus minus null raus“. Die letzten Monate hat der Reparaturbetrieb für Haushaltsgeräte, den Kristic auch noch betreibt, die Familie über Wasser gehalten. Er plant eine Hygieneumlage, von zwei Euro pro Rechnung. „Desinfektionsmittel und alles, das kostet ja“, sagt der Wirt und hofft auf das Verständnis der Kunden.
Die Veranstaltungen sollen ab Herbst wieder stattfinden. Der Auftritt von Kai Magnus Sting am 4. Juni, exakt zum 10-jährigen Bestehen von Gleis 3 geplant, ist auf den 5. November verschoben. Alle 80 Eintrittskarten sind bereits verkauft. Sie behalten ihre Gültigkeit, können aber auch bis zum 31. Juli zurückgegeben werden.
„Wir bauen darauf, dass es im Herbst wieder einigermaßen normal läuft“, sagt Günter Thiel, der die Veranstaltungen organisiert. Wenn die Abstandsregeln allerdings wie gehabt bestehen bleiben, „dann haben wir ein Problem“. Wer von den 80 Kartenbesitzern darf rein und wer nicht? Ein Ausweichen in den Thekenraum ist schwierig. Thiel: „Der Raum ist verwinkelt, man hat nicht von überall eine gute Sicht“. Außerdem ist es gerade das Kabarett in kleinem Rahmen, nah am Künstler, was die Veranstaltungen in Gleis drei ausmachen. Thiel weiß, wie wichtig das Wechselspiel zwischen Publikum und Künstler ist. Und dass sich diese Stimmung nicht recht einstellt, wenn durch Abstandsregeln zuviel Luft zwischen den Stühlen ist.
Bisher jedenfalls hat noch niemand seine Karte für Sting oder eine andere Veranstaltung zurückgegeben. „Ich glaube, die Leute wollen einfach mal wieder lachen“, sagt Thiel, selbst eine rheinische Frohnatur aus Bonn.