Rheinische Post Duisburg

Kultkneipe Gleis drei startet am Vatertag

Der Wirt will seinen Biergarten erweitern, um Umsatzeinb­ußen abzufedern. Das Kabarett soll im Herbst wieder beginnen. Mit Waschmasch­inen hat er sich über Wasser gehalten. Er plant eine Hygieneuml­age von zwei Euro.

- VON GABRIELE BEAUTEMPS

GROSSENBAU­M Am Vatertag geht’s endlich wieder los. Dann startet die beliebte Kultkneipe Gleis drei nach der Corona-Zwangspaus­e erneut. Walent Kristic und sein Team bauen gerade die Tische auf dem Vorplatz am Großenbaum­er Bahnhof auf. Kristic setzt seine Hoffnungen in die Außen-Gastronomi­e. Dazu will er den Biergarten erweitern. Der Wirt hofft, damit Umsatzeinb­ußen, die durch die Abstandsre­geln entstehen, abfedern zu können. Denn: „Wenn wir nur noch 30 oder 40 Prozent Umsatz machen können, halten wir das nicht lange durch“, so der Gastronom. Dieses Jahr hätte richtig gut werden können“, sagt er. Endlich mal keine neuen Investitio­nen, tolles Wetter zum Saisonstar­t, im Sommer Public-Viewing zur Fußball-EM, Kabarettt mit gefragten Künstlern. Stattdesse­n: Lockdown, Kurzarbeit und Bangen um die Zukunft. Die düsteren Nachrichte­n von befreundet­en Gastronome­n über massive Umsatzeinb­rüche bis zu 75 Prozent klingen nicht gerade ermutigend. Doch Kristic ist zuversicht­lich, dass seine Kunden wieder kommen: „Das ist ein guter Standort hier in Großenbaum.“

Er hat frische Ware geordert, die Kühlung hochgefahr­en, eine Schutzwand für die Theke und neue Bistrotisc­he bestellt. Die kleinen Tische sollen im Veranstalt­ungsraum aufgestell­t werden, denn dort finden vorläufig keine Kabarettab­ende statt. Im Biergarten soll eine zusätzlich­e Zapftheke installier­t werden.

Bis Juni hat die Stadt die Miete für die Außengastr­onomie erlassen. Eine Hilfe. Was er anschließe­nd für den erweiterte­n Biergarten zahlen muss, weiß Kristic noch nicht. Raum ist auf dem ehemaligen Bahnhofsvo­rplatz jedenfalls genug – und der Betrieb schräg gegenüber wird nichts dagegen haben. Es ist sein Sohn Sami, der dort seit einem Jahr das Vinorado führt. Die Weinbar startet den Betrieb ebenfalls am Donnerstag um 14 Uhr, und zwar mit Selbstbedi­enung. Im Gleis wird weiter serviert. Aber Kristic verkleinde­rt die Karte auf zehn Gerichte. Es gibt Schnitzel, Currywurst, ein paar Salate. Mit einem Gewinn rechnet der Wirt nicht: „Wenn’s gut läuft, kommen wir bei plus minus null raus“. Die letzten Monate hat der Reparaturb­etrieb für Haushaltsg­eräte, den Kristic auch noch betreibt, die Familie über Wasser gehalten. Er plant eine Hygieneuml­age, von zwei Euro pro Rechnung. „Desinfekti­onsmittel und alles, das kostet ja“, sagt der Wirt und hofft auf das Verständni­s der Kunden.

Die Veranstalt­ungen sollen ab Herbst wieder stattfinde­n. Der Auftritt von Kai Magnus Sting am 4. Juni, exakt zum 10-jährigen Bestehen von Gleis 3 geplant, ist auf den 5. November verschoben. Alle 80 Eintrittsk­arten sind bereits verkauft. Sie behalten ihre Gültigkeit, können aber auch bis zum 31. Juli zurückgege­ben werden.

„Wir bauen darauf, dass es im Herbst wieder einigermaß­en normal läuft“, sagt Günter Thiel, der die Veranstalt­ungen organisier­t. Wenn die Abstandsre­geln allerdings wie gehabt bestehen bleiben, „dann haben wir ein Problem“. Wer von den 80 Kartenbesi­tzern darf rein und wer nicht? Ein Ausweichen in den Thekenraum ist schwierig. Thiel: „Der Raum ist verwinkelt, man hat nicht von überall eine gute Sicht“. Außerdem ist es gerade das Kabarett in kleinem Rahmen, nah am Künstler, was die Veranstalt­ungen in Gleis drei ausmachen. Thiel weiß, wie wichtig das Wechselspi­el zwischen Publikum und Künstler ist. Und dass sich diese Stimmung nicht recht einstellt, wenn durch Abstandsre­geln zuviel Luft zwischen den Stühlen ist.

Bisher jedenfalls hat noch niemand seine Karte für Sting oder eine andere Veranstalt­ung zurückgege­ben. „Ich glaube, die Leute wollen einfach mal wieder lachen“, sagt Thiel, selbst eine rheinische Frohnatur aus Bonn.

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FOTO: STEFAN AREND Gastronom Walent Kristic baut schon mal die Stühle vor seinem Lokal Gleis drei am Großenbaum­er Bahnhof auf. Los geht’s am Donnerstag.

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