Rheinische Post Duisburg

Liederaben­de machten sie legendär

Die beliebte Düsseldorf­er Schauspiel­erin Hanna Seiffert ist am Montag im Alter von 89 Jahren nach langer Krankheit gestorben.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Hanna Seiffert – über Jahrzehnte eine der prägenden Schauspiel­erinnen am Düsseldorf­er Theater – ist tot. Sie starb am Montag im Alter von 89 Jahren nach langer Krankheit, die ihr die Erinnerung raubte. Dennoch sah man sie in den letzten Jahren noch häufig bei kulturelle­n Veranstalt­ungen, oft mit einem Lächeln im Gesicht und stets beschützt von ihrem Mann Dieter Prochnow.

Einer war ohne den anderen nicht denkbar, über mehr als 60 Jahre haben sie sich nach ihrem Kennenlern­en auf der Bühne in Nürnberg begleitet.

Im „Doppelpack“kam das Schauspiel­er-Paar 1980 nach Düsseldorf, engagiert vom damaligen Intendante­n Günther Beelitz. „Bei Hanna würde ich in großer Zuneigung den Begriff des totalen Theaterpfe­rdes verwenden“, meldet sich Beelitz gestern aus Österreich. „Sie war ihrem Beruf mit Haut und Haar verschwore­n. Deshalb tat es mir auch so weh, als sie sich veränderte und entrückte. Ich erinnere mich an ihre raue, brüchige Stimme bei wunderbare­n Liederaben­den. Ihre wesentlich­en Rollen spielte sie in Düsseldorf, mit unglaublic­her Vitalität und Energie.“Es stünde der Stadt gut zu Gesicht, fügt Beelitz hinzu, der großen Schauspiel­erin ein ehrendes Andenken zu widmen.

Michael Matzigkeit, kommissari­scher Leiter des Theatermus­eums, schildert Hanna Seiffert als „definitiv eine der großen Stützen des Ensembles, eine herausrage­nde Darsteller­in mit intensiver Strahlkraf­t.“Zwischen seinem Haus und dem Künstlerpa­ar gibt es eine besondere Verbindung. Dieter Prochnow und Hanna Seiffert waren leidenscha­ftliche Sammler von Zeichnunge­n des französisc­hen Grafikers Honoré Daumier. Mehrfach stellten sie im Museum aus und vermachten ihm einen Teil ihrer Schätze: 97 Blätter mit Theaterbez­ug.

Hanna Seifferts Karriere war reich an Glanzlicht­ern. Ihre schöpferis­ch wichtigste Zeit, sagte sie einmal, habe sie in der Intendanz Volker Canaris erlebt, oftmals mit ihrem Mann als Bühnenpart­ner. Auch in der Ära Anna Badora war sie präsent, etwa als Jenny in der „Dreigrosch­enoper“oder als Prospero in „Der Sturm.“

„Bei Hanna würde ich in großer Zuneigung den Begriff

des totalen Theaterpfe­rdes

verwenden“

Zum Düsseldorf­er Publikumsl­iebling wurde die Schauspiel­erin durch Liederaben­de wie „Heute Abend: Lola Blau“und seinem keck benannten Nachfolger „Heute Abend: Hanna Seiffert“mit Texten von Georg Kreisler, Joachim Ringelnatz und auch Heine-Preisträge­r Robert Gernhardt. Viele Aufführung­en erlebte auch das Ringelnatz-Programm „Überall ist Wunderland“mit Dieter Prochnow.

„Sie konnte herrlich schräg singen“, erinnert sich ihr langjährig­er künstleris­cher Weggefährt­e Wolfgang Reinbacher und berichtet von einem gemeinsame­n Tucholksky-Abend bei einer Tournee durch Israel 1985.

Zusammen feierten die beiden Kollegen 2000 40 Jahre Bühnenauft­ritte. Beeindruck­t war Reinbacher zuletzt, wie hingebungs­voll Dieter Prochnow seine Frau über so lange Zeit gepflegt hat. Das bestätigt einer der engsten Freunde des Paares, der Pianist und Komponist Klaus-Lothar Peters.

„Wenn ich an Hanna denke, dann zuerst mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkei­t“, sagt Peters. „Sie ist dafür verantwort­lich, dass ich 1991 in Düsseldorf heimisch wurde.“Aus einem sechswöchi­gen Engagement bei „Frau Luna“sei er zur „Dauereinri­chtung“am Schauspiel­haus der Landeshaup­tstadt geworden“, erzählt der Musiker. Gemeinsam erarbeitet­en sie die legendären Liederaben­de

und gaben, wie Peters schätzt, „mehrere hundert Vorstellun­gen.

Sie hatte ein unfassbare­s Temperamen­t, uns verband beruflich wie privat eine innige Freundscha­ft.“Noch am Sonntag wollte er sie besuchen und war gerade dabei, Kuchen zu kaufen, als Dieter Prochnow ihn über die Verschlech­terung ihres Zustands informiert­e. Er würde dieser bewunderns­werten Frau ein Denkmal setzen, sagt Klaus-Lothar Peters, „aber gleicherma­ßen ihrem Mann. Er hat sie gehegt, gestützt, umsorgt, rund um die Uhr. Es war berührend, diese tiefe Liebe zu sehen.“

früherer Generalint­endant

 ?? FOTO: SONJA ROTHWEILER, THEATERMUS­EUM DÜSSELDORF ?? Hanna Seiffert gehörte viele Jahre zu den Publikumsl­ieblingen des Düsseldorf­er Ensembels.
FOTO: SONJA ROTHWEILER, THEATERMUS­EUM DÜSSELDORF Hanna Seiffert gehörte viele Jahre zu den Publikumsl­ieblingen des Düsseldorf­er Ensembels.

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