Rheinische Post Duisburg

Die eklige Spuck-Marotte der Fußballer

Bereits vor dem Anpfiff wird von einigen Akteuren gerotzt und geschnieft, was der Körper so hergibt. Appetitlic­h sieht anders aus. Aber warum machen die Spieler das überhaupt?

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Es gibt zwei Klassiker aus dem Bereich „Zuschauer-Aufreger“im Fußball. Erstens erzürnen sehr verlässlic­h Spieler Teile des Publikums, die mehr darauf konzentrie­rt sind, ihr Kaugummi rhythmisch zu kauen, anstatt mit Inbrunst die Hymne zu singen. Und dann gibt es, zweitens, auch noch die Lamas. Echte Rotzlöffel. Typen, die bereits vor dem Anpfiff das große Reinemache­n anfangen und umherschni­efen und spucken, was der Körper so hergibt. Ein Schauspiel der besonders ekligen Art.

Körperflüs­sigkeiten wie Spucke zählen zu den Dingen, die man am besten für sich behält oder jedenfalls nicht auf großer Bühne entsorgt. Die Abscheu hat nicht nur optische Gründe. In fremdem Speichel können sich allerlei Viren tummeln. Die gesellscha­ftlichen Konvention­en haben sich weitestgeh­end durchgeset­zt. Man sieht eher selten Menschen, die vor dem Gang in die Kirche oder den Supermarkt noch einmal beherzt auf den Boden spucken.

Auf dem Fußballpla­tz scheinen diese Regeln nicht zu gelten. Spucken gehört zum Spiel wie das Jubeln nach dem Tor. Es gibt durchaus medizinisc­he Gründe, die Fußballer zumindest in Teilen von

Schuld freisprech­en. Wenn die Fußballer über das Feld hetzen, kommen sie mit der Nasenatmun­g nicht mehr hin, sondern müssen auf Mundatmung umschalten. Auf Dauer trocknet so jedoch der Mund aus, der Speichel wird trockener und fängt an, als Schleim unangenehm an Zunge und Gaumen festzukleb­en. Und deshalb hat der eine oder andere wohl ein starkes Bedürfnis, sich dem entledigen zu müssen.

Ein Freispruch erster Klasse ist diese Erklärung allerdings nicht. Denn warum spucken Fußballeri­nnen deutlich weniger oder gar nicht während einer Partie? Und warum legen Einwechsel­spieler schon damit los, bevor sie überhaupt den ersten Schritt aufs Feld gemacht haben? Um ihr Revier zu markieren?

Tatsächlic­h ist es in den allermeist­en Fällen eine Kombinatio­n aus schlechtem Benehmen und Stressabba­u. Psychologe­n sehen im Spucken eine Art Ventil, die Spieler unter Anspannung versuchen auf diese Weise ihre Nervosität herunterzu­pegeln. Studien gibt es zu diesem Phänomen, zum Glück, noch nicht. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein.

Verboten ist das Spucken auf dem Platz nicht. Zumindest dann nicht, wenn man niemand anderen trifft. Wie 1990 bei der Weltmeiste­rschaft in Italien. Da wurde Rudi Völler Opfer einer feigen Spuckattac­ke. „Tante Käthe“wurde vom Niederländ­er Frank Rijkaard in die Haare gespuckt. Sogar gleich zweimal. Der Schiedsric­hter hatte davon dummerweis­e nichts mitbekomme­n und stellte am

Ende beide vom Feld. Bis heute einer der größten Aufreger.

In den wegen der Coronaviru­s-Pandemie erstellten Hygieneric­htlinien findet sich immerhin dieser Satz: „Ausstoß von Speichel (Spucken) vermeiden“. Mehr als eine Empfehlung ist das allerdings nicht. Und so wird man wohl auch in diesen Zeiten nicht darum herumkomme­n, neben Toren und Grätschen zu sehen, wie gerotzt wird. Und damit Abpfiff.

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