OB-Kandidat Keller schlägt Gastroschutzschirm vor
Gut eine Woche nach dem Neustart in der Gastronomie kann von ausgebuchten Restaurants vielerorts nicht die Rede sein. Als ein Grund gilt die Sorge, sich trotz aller Vorkehrungen bei einem Restaurantbesuch mit dem Corona-Virus zu infizieren. Zudem fremdeln einige Gäste damit, dass ihre Kontaktdaten erfasst werden. Thorsten Hellwig, Sprecher des Branchenverbands Dehoga in NRW, befürchtet, dass mindestens 30 Prozent der gastronomischen Betriebe Pleite gehen könnten. „Viele Unternehmer sprechen in der aktuellen Lockerungsphase von 50 Prozent Umsatzeinbußen.“Viele bräuchten aber mindestens 70 Prozent des Vorjahresumsatzes, um zu überleben.
„Es geht tatsächlich schleppend“, sagt auch Gastronom Giuseppe Saitta, Vorsitzender der DehogaKreisgruppe Düsseldorf. „Es muss sich bei den Bürgern erst Vertrauen in die Maßnahmen entwickeln.“Die Gastronomen investierten viel Geld und Mühe, um alle Vorschriften sorgsam umzusetzen und Gäste wie Mitarbeiter zu schützen.
Besuche in Restaurants etwa in Friedrichstadt, Oberbilk und der Altstadt zeigen zwar, dass manche Gäste durchaus Lust haben, nach der langen Pause endlich essen zu gehen. Den Baas der „Uerige“-Brauerei, Michael Schnitzler, freut vor allem die positive Stimmung seiner Gäste. „Alle sind froh, dass wir wieder da sind“, sagt er. Die Menschen seien diszipliniert und einsichtig, wenn mal etwas zu regeln sei. In vielen Lokalen bleiben aber auch Tische frei – obwohl deren Zahl wegen der Schutzverordnung ohnehin geringer ist als zuvor.
„Manche kleinere Restaurants haben gar nicht erst geöffnet, weil es sich mit der verminderten Zahl nicht lohnt“, sagt Saitta. Seine Osteria in Niederkassel (16 Plätze) ist deswegen weiterhin geschlossen. Auch größere Lokale haben zu kämpfen: In der Brauerei „Zum Schiffchen“in der Altstadt stehen normalerweise 400 Sitzplätze zur Verfügung; momentan bleiben aber nicht nur die leer, die gesperrt sind. „Wir werden diese Durststrecke durchhalten, aber es ist hart“, sagt die Assistentin der Geschäftsführung, Inga Peters.
Angesichts der existenziell bedrohlichen Lage, in der sich viele Gastronomen auch nach der Wiedereröffnung befinden, schlägt OB-Kandidat Stephan Keller (CDU) einen kommunalen Rettungsschirm vor. Zwar sei ein solches Hilfspaket eigentlich Sache von Bund und Land, wenn es aber nicht dazu komme, dürfe sich „die Stadt nicht vom Acker machen“. Vielmehr müsse sie schnell helfen, da die Unterstützung jetzt gebraucht werde. Keller will eine gezielte Förderung der Branche, da sie nicht nur besonders betroffen sei, sondern einen „unglaublich hohen Stellenwert für die Stadt“besitze.
Keller schwebt eine Unterstützung bei Fixkosten wie Miete und
Versicherung vor. 50 Prozent der Leistung sollten als Zuschuss, 50 Prozent als Darlehen gewährt werden. Die Rückzahlung könne erfolgen, wenn der Betrieb wieder ausreichend Gewinne erwirtschafte. Die Stadt solle insgesamt einen einstelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen. Dabei dürfe die Hilfe nur Unternehmen zugute komme, die vor der Krise gesund waren. Die CDU-Fraktion arbeitet nun laut ihrem Vorsitzenden Rolf Tups an einem entsprechenden Antrag.
Mit seinem Vorschlag stößt Keller bei den anderen Parteien auf offene Ohren, vor allem die besondere Bedeutung der Gastronomie für die Stadt wird dort gesehen. Eins zu eins folgen will Keller jedoch niemand. Der OB-Kandidat der Grünen Stefan
Engstfeld will das „Land nicht so einfach aus der Pflicht entlassen“. Mit ihm müsse eine Struktur mit Verteilerschlüssel und Bemessungsgrundlagen für die Hilfeleistungen erarbeitet werden. Er sieht jedoch auch, dass es gezielte, kommunale Zuschüsse brauche. Zudem schlägt Engstfeld vor, die Terrassengebühren für zwei Jahre zu erlassen und nicht wie bislang für ein Jahr. Zudem sollten die Außenterrassen – wie von der CDU vorgeschlagen – erweitert werden können, und der Vorschlag schnell umgesetzt werden.
Auch die OB-Kandidatin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zeigt sich gesprächsbereit. „Ich begrüße alle Ideen, die dazu beitragen, die Vielfalt der Gastronomie in der Stadt zu erhalten.“Man könne sich gerne zusammensetzen, um zu überlegen, wie man möglichst gerecht helfen könne.
SPD-Fraktionschef Markus Raub geht am stärksten auf Distanz zum Vorschlag, „unausgegoren“nennt er ihn. Sicher könne man über alles reden, aber er frage sich, wo das Geld angesichts wegbrechender Einnahmen herkommen solle. Und er fürchte, dass man mit dem Betrag nicht weit komme. Unklar sei auch, nach welchen Kriterien das Geld verteilt werden soll, da es hier ja große Unterschiede in der Betroffenheit etwa zwischen Bars und Restaurants gebe. Zudem sehe er grundsätzlich Bund und Land in der Pflicht. „Wer für einen Lockdown sorgt, muss auch für die Folgekosten aufkommen.“Das sieht auch
OB Thomas Geisel (SPD) so. „Angesichts der sich abzeichnenden sehr schwierigen Haushaltslage bin ich irritiert, wie leichtfertig der Spitzenkandidat einer Partei, die die Schuldenfreiheit jahrelang wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat, jegliches fiskalisch verantwortungsbewusstes Handeln vermissen lässt, nur um sich mögliche Wählerstimmen zu sichern.“
Wie dennoch kommunale Hilfe für Gastronomen aussehen kann, zeigt übrigens die Stadt Wien. Sie stellt aktuell 40 Millionen Euro bereit, um den 950.000 Haushalten in der Stadt jeweils einen Gutschein in Höhe von 25 Euro (eine Person) oder 50 Euro zukommen zu lassen. Er kann dann kurzfristig in einem Lokal der Wahl eingelöst werden.