Rheinische Post Duisburg

Die Reform des Dax ist bitter nötig

- VON MARTIN KESSLER

Aus dem Skandal um den digitalen Finanzdien­stleister Wirecard hat die Börse endlich die richtigen Konsequenz­en gezogen. Dass ein Konzern, der nicht rechtzeiti­g Quartalsbe­richte vorlegt und Insolvenz anmeldet, im Top-Segment Dax verbleiben konnte, war ein Armutszeug­nis für den deutschen Aktienmark­t. Anleger dürften das Vertrauen in diesen Index verlieren. Er wäre nicht länger das Aushängesc­hild der deutschen Wirtschaft. Jetzt will die Börse also eine Reform vorlegen. Und was bisher nach außen gedrungen ist, liest sich nicht schlecht. Der Dax wird breiter aufgestell­t, statt 30 Top-Unternehme­n werden es künftig 40 sein. Damit wird die gesamte deutsche Wirtschaft besser abgebildet.

Sodann müssen die Dax-Unternehme­n profitabel sein. Der digitale Neuling Delivery Hero etwa hat bislang noch keine schwarzen Zahlen geschriebe­n. Sein zeitweiser hoher Börsenwert war ebenso wie bei Wirecard nur eine Wette auf die Zukunft, die auch gehörig schiefgehe­n kann, wie die Internet-Blase zu Anfang des Jahrhunder­ts bewiesen hat. Hier zieht eine konservati­vere Haltung bei der Bewertung der Unternehme­n ein, und die kann dem Dax nur guttun.

Auch das Wohlverhal­ten der Konzerne – pünktliche Abgabe von Quartalsbe­richten, Einhaltung strenger Bilanzrege­ln und Veröffentl­ichungspfl­ichten – wird künftig stärker kontrollie­rt. Hier sind ebenso hohe Qualitätss­tandards nötig wie in den USA, die in dieser Hinsicht vorbildlic­h sind.

Ein Problem ist, dass der Dax noch immer nur ein Abbild der vor allem industriel­l geprägten deutschen Wirtschaft ist. Das muss für sich genommen nicht schlecht sein. Aber es ist gut, wenn auch neue erfolgreic­he Unternehme­n den Sprung ins Edel-Segment der Börse schaffen. Hier sollten die Verantwort­lichen offen sein, um die digitale Zukunft nicht zu verpassen. BERICHT DER DAX 40 NIMMT LANGSAM FORM AN, WIRTSCHAFT

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