Rheinische Post Duisburg

Das politische Virus

Den USA ist zu wünschen, dass Covid-19 bei Trump bewusstsei­nsbildend wirkt.

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Die Covid-19-Erkrankung des amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump hat viele Reaktionen heraufbesc­hworen, die gegen den Anstand verstoßen. Jenseits dessen ist klar, dass Trumps Corona-Infektion einen immensen politische­n Impact hat. Trump gehört jetzt zu den großen Drei unter den Staats- und Regierungs­chefs, die sich der Seuche und ihrem Verursache­r verächtlic­h bis ignorant gegenüber gezeigt haben und selbst daran erkrankt sind.

Der erste war der britische Premier Boris Johnson. In einem Krankenhau­s hatte er noch Hände Covid-Kranker geschüttel­t und damit jene verhöhnt, die auf die Gefährlich­keit hingewiese­n hatten. Kurze Zeit darauf erkrankte er schwer. Seine Politik und seine Rhetorik haben sich der Grenzerfah­rung angepasst.

Der zweite Verharmlos­er war der brasiliani­sche Präsident Jair Bolsonaro. Ihm war ein milder Verlauf beschert, was ihn in die Lage versetzte, seine bisherige Haltung bestätigt zu sehen. Alle drei Länder, die USA, Großbritan­nien und Brasilien, zählen zu den am meisten betroffene­n, was Ansteckung­en und Todesfälle in Relation zur Bevölkerun­gszahl angeht. Deutschlan­d mit einer Kanzlerin, die die Sache mehr oder minder mit den Ministerpr­äsidenten der Länder in die Hand genommen hat, steht vergleichs­weise strahlend da. Es erscheint zulässig, einen Zusammenha­ng zwischen der Einstellun­g der politische­n Führung gegenüber dem Virus und dessen Ausbreitun­g in dem jeweiligen Land zu sehen. Klar ist auch, dass die Performanc­e Auswirkung­en auf die Wählerguns­t hat. In den USA stehen die Wahlen unmittelba­r bevor. Wird Covid-19 bei Trump bewusstsei­nsbildend wirken? Lebenskris­en, auch schwere Krankheite­n, lehren oft Demut. Bei Trump fällt es schwer, daran zu glauben.

Christoph Schwennick­e ist Chefredakt­eur des Magazins „Cicero“und schreibt regelmäßig an dieser Stelle.

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