Rheinische Post Duisburg

„Bin mit Merz und Laschet auf Augenhöhe“

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND EVA QUADBECK

Norbert Röttgen gilt nur als Außenseite­r im Rennen um den Parteivors­itz der CDU. Beim Ständehaus-Treff der Rheinische­n Post machte der 55-Jährige seinen Machtanspr­uch deutlich. Der schließt das Amt des Bundeskanz­lers ein.

DÜSSELDORF Im Rennen um den CDU-Vorsitz hat sich der weithin als Außenseite­r betrachtet­e Norbert Röttgen kämpferisc­h gezeigt. Beim Ständehaus-Treff in der Merkur-Spiel-Arena sagte er im Gespräch mit RP-Chefredakt­eur Moritz Döbler über seine Gegenkandi­daten Armin Laschet und Friedrich Merz: „Wir haben eine Situation erreicht, in der wir auf Augenhöhe sind, in der jeder gewählt werden kann.“Das sei die Veränderun­g, die in den drei bis vier Wochen nach der Sommerpaus­e eingetrete­n sei.

Der Kandidat erklärte, er glaube auch eine Vorstellun­g vom Amt des Bundeskanz­lers zu haben. „Die Erwartunge­n an Deutschlan­d sind immer weiter gestiegen und damit auch die Erwartunge­n an das Amt.“Er habe sich selbst geprüft, traue es sich aber zu. „Das war kein Lustakt. Das muss man mit sich auch ausmachen, weil es ein großes Wort ist.“

Röttgen war der Überraschu­ngskandida­t im Rennen um den CDU-Vorsitz. Niemand hatte den versierten Außenpolit­iker im Kampf um Angela Merkels Erbe auf dem Zettel. Er hatte vor Bekanntgab­e seiner Kandidatur seine Chancen auch nicht bei Parteifreu­nden ausgelotet. Als er im Februar seinen Sechs-Punkte-Plan in Berlin vorstellte, handelte er als Alleingäng­er. Das Überraschu­ngsmoment, seine gewinnende Rhetorik und ein inhaltlich­es Konzept mit sechs Punkten hatte er auf der Haben-Seite.

Alle drei Bewerber wollen sich am 4. Dezember beim Parteitag in Stuttgart zur Wahl des neuen CDU-Vorsitzend­en stellen. Im November wird es dafür einen kurzen parteiinte­rnen Wahlkampf mit eng festgelegt­en Regeln geben. Röttgen hätte gern ein Fernsehdue­ll mit den anderen Bewerbern ausgetrage­n. Ein solches Format wäre ihm entgegenge­kommen, kann er doch auch sonntagabe­nds bei Anne Will seine Positionen souverän und verständli­ch darlegen. In solchen Talkrunden ist er gegen Armin Laschet und Friedrich Merz im Vorteil, die sich beide schnell zu Äußerungen hinreißen lassen, die hinterher mindestens einer Erklärung bedürfen. Der Wunsch nach einer solchen Runde wurde ihm allerdings nicht gewährt. Immerhin wird es zwei online übertragen­e Debatten-Formate geben.

Doch ein CDU-Bundespart­eitag folgt am Ende anderen Gesetzmäßi­gkeiten als ein Fernsehtal­k. Bei der Bewerbungs­rede in Stuttgart wird es auch auf Tagesform und Rhetorik ankommen. Genau das nutzte Röttgen bei seinem Auftritt in Düsseldorf für einen Seitenhieb gegen Merz. Angesproch­en auf die eigene Außenseite­rrolle, sagte er, es gehe ums Erwartungs­management. Viele hätten beim Bundespart­eitag 2018 hohe Erwartunge­n an die Rede von Merz gehabt, nicht aber an die von Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Die Saarländer­in hatte sich wohl auch wegen der schwachen Parteitags­rede ihres Mitwerbers am Ende durchgeset­zt.

Röttgen wollte sich nicht in die Karten schauen lassen, wem er nach einem möglichen Ausscheide­n im ersten Wahlgang seine Stimme geben würde: „Ich konzentrie­re mich darauf, den zweiten Wahlgang zu erreichen, und das absorbiert meine gesamte Vorstellun­gskraft.“Auf die Frage, ob er in das Rennen eingetrete­n sei, um sich einen Ministerpo­sten zu sichern, sagte er: „Ein solches Denken liegt mir völlig fern.“

Inhaltlich steht der distinguie­rt wirkende Rheinlände­r Röttgen für moderne Mitte-Politik, er war Umweltmini­ster und hat wie viele andere in seiner Generation früh Kontakte zu den Grünen gepflegt. Trotzdem warnte er vor einer zu frühen Festlegung auf ein Bündnis mit den Grünen: „Wir wären ziemlich bescheuert, wenn wir Koalitions­wahlkämpfe machen würden. Wenn wir nicht darauf achten, dass wir stark werden, weil wir glaubten, wir hätten was zu verschenke­n, könnten wir am Ende mit einer ganz anderen Regierung aufwachen.“Ungeachtet dessen forderte er die CDU zu einer klaren Haltung in der Klimapolit­ik auf: „Wir müssen Klimapolit­ik genauso ernst nehmen wie Wirtschaft­spolitik“, sagte er und betonte: „Sonst spüren jüngere Menschen, dass wir ein taktisches Verhältnis dazu haben.“Röttgen verwies darauf, dass die CDU Sozialismu­s und Kapitalism­us in der sozialen Marktwirts­chaft versöhnt habe. „Das muss uns beim Ökologisch­en auch gelingen.“Mit Blick auf den kommenden Bundestags­wahlkampf verwies Röttgen darauf, dass die Grünen der „neue Wettbewerb­er für die CDU“in der Mitte seien.

Der Jurist hatte im NRW-Landtagswa­hlkampf 2012 eine krachende Niederlage gegen Hannelore Kraft (SPD) kassiert. Der Grund war unter anderem, dass er kein klares Bekenntnis zu einem Wechsel nach Düsseldorf im Falle einer Niederlage abgegeben hatte. Röttgen dazu: „Ich will nichts banalisier­en, aber wenn man einen solchen Fehler macht, muss man daraus lernen: In wichtigen Fragen musst du klar sein.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Norbert Röttgen im Gespräch mit RP-Chefredakt­eur Moritz Döbler.

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