Juden in NRW besorgt
Die Gemeinden verlangen nach der Attacke in Hamburg einen besseren Polizeischutz.
DÜSSELDORF (kib/maxi) Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten in Hamburg haben sich Vertreter der jüdischen Gemeinden in NRW besorgt gezeigt. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Nordrhein der Jüdischen Gemeinden, sagte unserer Redaktion: „Diese Tat zeigt erneut, dass jüdische Menschen in Deutschland nicht sicher sind.“Es lasse sich außerdem eine steigende Frequenz der antisemitischen Angriffe und eine offene Gewaltbereitschaft beobachten. „Auch in NRW müssen die Jüdischen Gemeinden endlich mit den höchstmöglichen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet und gesichert werden. Wir erwarten Konsequenzen, und dass den wohlgemeinten Worten endlich Taten folgen.“
Ob es dazu kommen wird, ist jedoch fraglich. „Nach dem Anschlag in Halle wurden die Sicherheitsvorkehrungen an Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen noch einmal deutlich verschärft“, hieß es aus Sicherheitskreisen. Daher müsse jetzt nach der Attacke in Hamburg nicht noch einmal nachgebessert werden. Alle Synagogen in NRW hätten Polizeischutz.
Die Ermittler werten den Angriff auf einen jüdischen Studenten vor einer Hamburger Synagoge nach ersten Erkenntnissen als versuchten Mord – mutmaßlich aus Judenhass.
Ein 29-Jähriger soll den 26-Jährigen am Sonntag vor der Synagoge mit einem Klappspaten schwer am Kopf verletzt haben. Der mutmaßliche Täter, ein Deutscher mit kasachischen Wurzeln, wird in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. In seiner Hosentasche wurde ein Zettel mit einem Hakenkreuz gefunden.
Ran Ronen, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und zugleich Dezernent für Sicherheit im Präsidium des Zentralrates der Juden, bewertet die Gefahr in Düsseldorf als „sehr hoch“: „In der jüngeren Vergangenheit mussten wir uns vorrangig gegen den islamistischen sowie rechten Terror schützen. Gerade seit Halle ist nun klar, dass es unzählige ,Einzeltäter’ gibt, die sich über verschiedenste Wege beeinflussen lassen, seien es Videospiele, Verschwörungstheorien oder die sozialen Medien.“Ronen widersprach der Darstellung, dass alle jüdischen Gemeinden rund um die Uhr Polizeischutz hätten. „Und da appelliere ich an die Landesregierung und das Innenministerium des Landes NRW. Denn leider muss die jüdische Bevölkerung nach wie vor beschützt werden. Umso wichtiger ist es daher, dass die Gefahrenlage so hoch eingeschätzt wird, wie sie sein muss.“
Die baulichen Sicherungen in den Gemeinden, die komplett vom Land getragen würden, lobte Irrith Michelsohn, Geschäftsführerin des Landesverbands progressiver jüdischer Gemeinden. Doch auch sie nannte den Polizeischutz „ausbaufähig“. Derzeit würden Gottesdienste überwacht, in Bielefeld noch der versetzungsrelevante Religionsunterricht, aber ansonsten sei die Polizei im Alltag nicht vor Ort.