Lukaschenkos Gegnerin besucht Berlin
Kanzlerin Angela Merkel empfängt die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja.
MINSK (dpa) Bei den Massenprotesten in Belarus gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko am Wochenende sind nach offiziellen Angaben mehr als 300 Demonstranten festgenommen worden. 258 Menschen seien in Untersuchungshaft gekommen, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums am Montag im Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die Polizei habe auch Reizgas eingesetzt.
Am Sonntag hatten sich am achten Wochenende in Folge mehr als 100.000 Menschen in der Hauptstadt Minsk versammelt. Die Sicherheitskräfte gingen auch mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Die Behörde redete die Proteste
mit etwa 10.000 Teilnehmern klein. In den Regionen hätten sich demnach jeweils nicht mehr als 100 Menschen versammelt.
Seit der umstrittenen Präsidentenwahl im August gehen die Menschen regelmäßig gegen den Staatschef auf die Straße. Der 66-Jährige hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt das Wahlergebnis aber nicht an. Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die sich im Exil in Litauen aufhält, fordert den Rücktritt Lukaschenkos und rasche Neuwahlen.
Die von der Demokratiebewegung als Siegerin der Wahl angesehene Bürgerrechtlerin wird an diesem Dienstag in Berlin erwartet. Dort trifft sie Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas. Merkel freue sich auf das Treffen bei einem Arbeitsbesuch, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Tichanowskaja sei eine Leitfigur der Opposition in Belarus und all derer, die gegen Wahlfälschung, Wahlbetrug und die Misshandlungen
friedlicher Demonstranten auf die Straße gehen.
Seibert kritisierte auch, dass ausländischen Journalisten in Belarus Akkreditierungen entzogen wurden. Ziel sei es offensichtlich, dass Berichte über Gewalt und Repression nicht an die Öffentlichkeit gelängen. Mit Schikanen lasse sich Berichterstattung aber nicht unterdrücken.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte bereits am Wochenende das Vorgehen der belarussischen Regierung scharf kritisiert. „Die EU unterstützt weiter das demokratische Recht des belarussischen Volkes, seinen Präsidenten durch neue freie und faire Wahlen zu bestimmen“, erklärte er.