Rheinische Post Duisburg

Loveparade hat auch bei Rettern Spuren hinterlass­en

Eine Frau starb in den Armen von Gregor Hecker. Der Rettungsas­sistent gründet jetzt eine Selbsthilf­egruppe.

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(ma) Der Besuch der Loveparade wurde für Gregor Hecker zum Einsatz. Der gelernte Rettungsas­sistent übernahm die Reanimatio­n einer Verletzten. Die junge Frau starb in seinen Armen. Für den heute 54-Jährigen war es ein traumatisc­hes Ereignis. Nun gründet er eine Selbsthilf­egruppe für Menschen, die aufgrund von ähnlichen Schadenser­eignissen psychosoma­tisch erkrankt sind.

„Das hat mich umgeworfen“, sagt er über die Folgen seines Einsatzes bei der Loveparade. „Die Bilder ließen mich nicht los. Ich stellte mir Fragen: Was wäre gewesen, wenn ich meine Ausrüstung dabei gehabt hätte.“Posttrauma­tische Belastungs­störung lautete die Diagnose. Eine dreimonati­ge Behandlung in einer Rehaklinik half zwar, aber reichte nicht aus, um die Folgen zu überwinden. „Zur Loveparade-Gedenkstät­te konnte ich in den ersten Jahren nach der Katastroph­e nicht“, berichtet er. Erst später, im Prozess, wo er als Nebenkläge­r auftrat, lernte Hecker die Eltern der jungen Frau kennen, die im Tunnel starb.

Bis heute ist Hecker in therapeuti­scher Behandlung. Mit Bus und Bahn fahren, größere Menschenan­sammlungen, das geht gar nicht.

Selbst Einkaufen wäre schwierig, gäbe es nicht Moritz. Den Podenco-Rüden hat er als seinen Therapiehu­nd selbst ausgebilde­t. Er verhindert etwa, dass Menschen plötzlich hinter seinem Herrchen stehen.

Die Lebensplan­ung des 54-Jährigen hat die Katastroph­e über den Haufen geworfen. Seine geplante Übernahme ins Angestellt­enverhältn­is bei der Bundeswehr zerschlug sich, gegen das Veto der Unfallkass­e zur Rückkehr in seinen Beruf streitet er noch immer vor den Verwaltung­sgerichten. „Mir geht es jetzt durch die Therapie zwar besser, aber nun bin ich zu alt, um den Job wieder aufzunehme­n“, sagt Gregor Hecker.

Für die neue Gruppe, deren Gründung von der Selbsthilf­e-Kontaktste­lle begleitet wird, sucht der 54-Jährige nun den Austausch mit Menschen, die ebenfalls nach einschneid­enden Erlebnisse­n erkrankt sind. „Das können Verkehrsun­fallopfer sein, Lokführer die Suizide erlebten, Trauernde oder Borderline-Patienten sein“, erklärt Gregor Hecker, „ich möchte sie zusammenbr­ingen, weil es schwierig ist, mit Außenstehe­nden darüber zu sprechen“.

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FOTO: OLIVER MÜLLER Gregor Hecker, hier mit seinem Assistenzh­und Moritz, gründet eine Selbsthilf­egruppe.

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