„Quickies“in der Corona-Edition
Zum Neustart im „Kom(m)ödchen“gab es eine aktualisierte Version des Erfolgsstücks.
DÜSSELDORF Unten an der Treppe steht Kay Lorentz, eine transparente Maske vorm Gesicht. So sieht man gleich, wie bewegt und erleichtert er ist, das „Kom(m)ödchen“endlich wieder öffnen zu können. Oben wartet seine Frau Elke, um die Besucher zu begrüßen, die sich zu „Quickies. Schnelle Nummern zur Lage der Nation“eingefunden haben.
„Wir wollten in unserem Lieblingstheater zuerst das Ensemble erleben“, sagen Lieselotte und John Rabe. „Bedenken haben wir keine, wir fühlen uns sicher.“Aus Treue zum Haus haben sich Yvonne und Torsten Brunk eingefunden. „Unser erster Ausflug in die Kultur“, erzählen sie und sind zufrieden, dass alle einen Mundschutz tragen und die Wege gut gebahnt sind.
Mit Kulturdezernent Hans-Georg Lohe und Stadtkämmerin Dorothée Schneider ist bei der Premiere auch lokale Prominenz vertreten. Und ganz zuletzt huschen Thomas und Vera Geisel auf ihre Plätze. 105 sind es momentan, gerade mal die Hälfte der Kapazität. „Die Aussicht, bis zum Sommer jeden Abend Geld zuschießen zu müssen, ist nicht schön“, sagt Kay Lorentz. „Aber es gibt keine Alternative.“
Stürmischer Applaus begleitet den Auftritt von Maike Kühl, Heiko Seidel, Daniel Graf und Martin Meier-Bode, der ausruft: „Es fühlt sich an wie beim ersten Mal. Ein Wahnsinnsgefühl, Menschen zu sehen, mit denen man nicht verwandt ist.“Die Ensemble-Programme pflegen sich mit den Monaten durch aktuelle Bezüge immer wieder zu verändern. Bei „Quickies“, im Vorjahr gestartet, ist der Wandel besonders deutlich. In dieser „Corona-Edition“zieht sich die Krise als roter Faden durch alle neuen Szenen. In einem kurzweiligen Streifzug werden bittersüße Befindlichkeiten und fatale Nebenwirkungen beleuchtet. Die ausufernden Hochzeiten („Ein kleiner Kreis von 300 Personen“), die
Väter, die zum ersten Mal mit ihren Kindern zusammenlebten und sich den Herausforderungen beim Homeschooling ausgesetzt sahen. „Papa, wie geht Dreisatz?“– „Frag Mama, die war ganz gut im Sport.“
Sketche, die belustigen, nachdenklich stimmen, aufrütteln. Wie die verzweifelte Krankenschwester, die keinen Beifall will. „Wir sind keine Helden, wir sind Menschen am Limit“, wettert Maike Kühl. Schuld sei die hohe Zahl an Operationen, seit Klinken pro Fall bezahlt werden. „Würde die Feuerwehr für jeden Brand Geld bekommen, wie oft würde es wohl brennen?“
Und wer agiert besser in der Pandemie? Söder, der personifizierte Algorithmus mit Populismus im
Endstadium? Oder das knuddelige Bärchen Laschet, der wohl einzige Politiker, dem an der Fleischtheke ein Stück Wurst zugeschoben wird? In flottem Galopp reißt „Quickies“viele Themen an, politische und harmlos-vergnügliche. China baut eine Bahnlinie quer durch Tundra und Taiga, um aus unerfindlichen Gründen in Duisburg zu landen. Ausgerechnet Duisburg! So kommt es, dass an zwei benachbarten Gleisen Reisende aus Moers und aus Peking aussteigen, „und die sind morgens gleichzeitig losgefahren“.
Die Corona-Szenen mischen sich mit den besten Nummern des bisherigen Programms. Köstlich, wenn eine entfesselte Claudia Roth ihre Hymne auf den Grünen-Chef anstimmt und ihn preist wie einen Heiligen: „Habeck-luja!“Und auch der Hauspsychologe des deutschen Bundestages ist noch da, der immer mehr Politiker mit Tourette-Syndrom registriert und zum Beweis einen bayerischen Xaver vorführt. Der stößt wie wild einzig die Worte „Maut“, „Obergrenze“und „Abschieben“aus. Nur einmal entfährt ihm ein zaghafter Jodler. In dieser Rolle trumpft Heiko Seidel genial auf. Wie auch als resolute Queen, die nach dem harten Brexit nach Deutschland flüchtet, um in Neuss Schützenkönigin zu werden.
Dem Applaus für „Quickies“am Ende war keinesfalls anzuhören, dass in normalen „Kom(m)ödchen“-Zeiten doppelt so viele Leute geklatscht hätten.
Dem Applaus war nicht anzumerken, dass normalerweise doppelt so viele geklatscht hätten