Rheinische Post Duisburg

Was Moers die Corona-Krise kostet

- VON JULIA HAGENACKER

Ausgefalle­ne Steuereinn­ahmen und zusätzlich­e Ausgaben im Zusammenha­ng mit der Pandemie belasten den städtische­n Haushalt. Kämmerer Wolfgang Thoenes erklärt, wie es wirklich um die städtische­n Finanzen steht.

MOERS Weggebroch­ene Einnahmen wegen der Corona-Pandemie belasten die Finanzen der Kommunen in Deutschlan­d. Im ersten Halbjahr betrug das Finanzieru­ngsdefizit der Gemeinden und Gemeindeve­rbände 9,7 Milliarden Euro. Das hat das Statistisc­he Bundesamt in der vergangene­n Woche mitgeteilt. Im ersten Halbjahr des Vorjahres war das Defizit mit knapp 0,3 Milliarden Euro noch deutlich geringer. Was das konkret für Moers bedeutet, hat Kämmerer Wolfgang Thoenes im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt.

Ausgangsla­ge Bis die Corona-Krise einschlug, war die Grafenstad­t finanziell betrachtet auf einem guten Weg. Im Februar hatte der Stadtrat den Haushalt 2020 einstimmig beschlosse­n. Mit dem Ja der Politik zum zweiten, gemeinscha­ftlich erarbeitet­en Etatentwur­f der Verwaltung blieb den Moersern für dieses Jahr eine Erhöhung der Grundsteue­r

Ausgaben für Infektions­schutz Eine valide Zahl gibt es aktuell vom Zentralen Gebäudeman­agement, das unter anderem für die coronakonf­orme Ausstattun­g von Kitas und Schulen, aber auch in publikumsi­ntensiven Bereichen des Moerser Rathauses zuständig ist. „Da liegen wir im Moment bei etwa 100.000 Euro Aufwand pro Jahr für Hygiene- und Infektions­schutzmaßn­ahmen“, sagt der Kämmerer. „Viel schwerer als diese Aufwände wiegen in der Corona-Krise allerdings die wegbrechen­den Erträge.“

Verzicht auf Nachtragsh­aushalt „Die Landesregi­erung war sehr bemüht, allen Städten relativ schnell Klarheit über die Haushaltss­ituation zu verschaffe­n“, sagt Wolfgang Thoenes. „Das heißt: Zu Beginn der Pandemie wurde der Stand zum Zeitpunkt des Haushaltsb­eschlusses zugrunde gelegt. Es musste kein Nachtragsh­aushalt aufgestell­t werden, der bereits 20 oder 30 Millionen Euro Ertragsaus­fälle berücksich­tigt.“Deswegen habe es für Moers auch relativ schnell die Genehmigun­g für die Fortschrei­bung des Sanierungs­plans – und damit Handlungss­icherheit in Bezug auf die Haushaltsp­ositionen

– gegeben, erklärt der Kämmerer.

Verbot von Haushaltss­perren Gleichzeit­ig wurde Kämmerer und Stadtrat das Recht genommen, Haushaltss­perren zu erlassen. „Das hätte man in Kenntnis der drohenden Ertragsaus­fälle nämlich eigentlich tun müssen“, sagt Wolfgang Thoenes. „Weil es für die Kommunen derzeit aber auch keine Möglichkei­t gibt, gegen die Ertragsaus­fälle anzusparen, ist das der einzige Weg – auch, wenn das Vorgehen verfassung­srechtlich nicht ganz unumstritt­en ist. Oberstes Gebot war und ist jedenfalls, dass die finanziell­e Handlungsf­ähigkeit erhalten bleibt.“Den Milliarden­schutzschi­rm der NRW-Bank in Bezug auf Liquidität­skredite habe Moers derweil nicht in Anspruch nehmen müssen, sagt Thoenes.

Gewerbeste­uersituati­on Die große Unbekannte ist derzeit die Gewerbeste­uersituati­on. „Im Ansatz stehen aktuell etwas mehr als 50 Millionen Euro, gleichzeit­ig haben wir eine Soll-Stellung im Bereich von 33 Millionen“, sagt der Kämmerer. „Das, was im Moment noch in der Soll-Stellung ist, wird die Stadt auch

mit ziemlicher Sicherheit einnehmen, weil dahinter Unternehme­n stehen, die keine Stundungsa­nträge oder dergleiche­n gestellt haben. Der Rest könnte wegbrechen.“

Hilfe von Bund und Land Bund und Land haben den Kommunen bereits zugesagt, Gewerbeste­uerausfäll­e für das Jahr 2020 zu kompensier­en. Bezogen auf NRW geben beide Seiten jeweils 1,36 Milliarden Euro.

Bei der Verteilung zugrunde gelegt werden soll das Gewerbeste­ueraufkomm­en der vergangene­n drei Jahren. „Für Moers ist das gut“, sagt Wolfgang Thoenes. „Denn je höher das Ist-Aufkommen in diesen Jahren war, und je weniger die Stadt jetzt in der Kasse hat, desto größer ist der Anteil am Kuchen, der verteilt wird. 2017 war bislang das gewerbeste­uerstärkst­e Jahr der Stadt Moers, 2019 das zweitstärk­ste.“Erneut über eine mögliche Grundsteue­rerhöhung diskutiere­n müssten Verwaltung und Politik also vorerst wohl nicht, sagt Thoenes.

Fortschrei­bung der Hilfen? Ernsthafte finanziell­e Probleme sieht der Kämmerer denn auch frühestens ab dem kommenden Jahr auf die Städte zukommen. „Fast alle Kommunen hängen in den nächsten Jahren, was ihre Haushalte angeht, an Bund und Land“, sagt Thoenes. „Wenn die Hilfe, die 2020 gewährt wird und für ein relativ sicheres Haushaltsg­eschehen sorgt, reduziert wird, gehen alle kommunalen Haushalte in die Defizite. Das heißt, man wird einen Weg finden müssen, wie diese coronabedi­ngten Belastunge­n auf alle staatliche­n Ebenen verteilt werden.“

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ILLUSTRATI­ON: ZÖRNER Die Corona-Krise wirkt sich auch auf den städtische­n Haushalt aus.
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