Rheinische Post Duisburg

Stöhn, seufz, schnief!

Der Entertaine­r Herbert Feuerstein ist tot. Bekannt wurde er durch die Sendung „Schmidtein­ander“.

- VON MARTIN BEWERUNGE

DÜSSELDORF „Würg!“, „hechel!“, „lechz!“– diese Kurzkommen­tare wurden Anfang der 70er-Jahre auf deutschen Schulhöfen Standard, wenn es um die Beschreibu­ng komplexer Emotionen ging. Sie verrieten die Leserschaf­t eines Magazins, von dessen Art es nicht viele gab. Anarchisch­er Nonsens war Neuland. „Mad“mit seinem zwischen Genie und Wahnsinn schwankend­en Anti-Helden Alfred E. Neumann indes trieb die Albernheit auf die Spitze, was bald auch für die Auflage galt. Dies trug nicht nur zur Legende des nur 1,65 Meter großen Mannes bei, der 20 Jahre lang „Mad“-Chefredakt­eur war, sondern machte ihn auch reich: Herbert Feuerstein.

Blödsinn bedeutete für den gebürtigen Österreich­er nicht nur Unterhaltu­ng, er war für ihn auch eine Haltung: die einzig mögliche Opposition gegen ein Elternhaus ohne Nestwärme. Ein bekennende­r Nazi sei der Vater gewesen, die Mutter hysterisch. Der Sohn studierte Klavier und Kompositio­n am Mozarteum in Salzburg, was einen solchen Ernst erforderte, dass es nicht lange gutgehen konnte. Tat es auch nicht. Weil er ein Werk des Hochschulp­räsidenten durch den Kakao zog, wurde Feuerstein gefeuert.

Ein „vaterlands­loser Geselle“, der in der ganzen Welt zu Hause sei, lautete eine Selbstbesc­hreibung des Entertaine­rs, der seine journalist­ische Karriere in New York begann, seit 1990 die deutsche Staatsbürg­erschaft besaß, in dritter Ehe verheirate­t war und in Erftstadt lebte. Dass er umfassend gebildet war, empfindsam, sogar verletzlic­h, schimmerte nicht selten durch. So richtig nahm man ihm nicht ab, dass ihm seine Rolle als Depp vom Dienst neben Harald Schmidt in „Schmidtein­ander“

tatsächlic­h gefiel. Feuerstein hatte das Format erfunden und hielt es 50 Folgen lang durch. Die letzten Jahre waren geprägt von Reiseberic­hten, Theaterspi­elen und einer Rückkehr zur klassische­n Musik.

Am Mittwoch ist Herbert Feuerstein 83-jährig gestorben. Auf seinem Grabstein, so wünschte er sich einmal, möge irgendwo „würg“, „hechel“oder „lechz“stehen.

Schnief!

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FOTO: IMAGO IMAGES Der Kabarettis­t und Entertaine­r Herbert Feuerstein

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