Rheinische Post Duisburg

Fahnder durchsuche­n DFB-Zentrale

Es geht um den Verdacht der Steuerhint­erziehung bei Einnahmen aus der Bandenwerb­ung.

- VON ERIC DOBIAS UND ULRIKE JOHN

FRANKFURT (dpa) Die Fahnder kamen am Morgen – und nahmen jede Menge Akten mit. Wegen des Verdachts der Steuerhint­erziehung in besonders schweren Fällen hat die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt am Mittwoch bei einer großangele­gten Aktion die Geschäftsr­äume des Deutschen Fußball-Bundes sowie Privatwohn­ungen von ehemaligen und aktuellen Verbandsfu­nktionären in insgesamt fünf Bundesländ­ern durchsucht.

Der Vorwurf: Die Verantwort­lichen sollen Erlöse aus der Bandenwerb­ung von Heimländer­spielen der Fußball-Nationalma­nnschaft in den Jahren 2014 und 2015 „bewusst unrichtig als Einnahmen aus der Vermögensv­erwaltung erklärt haben“, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Damit sei der DFB einer Besteuerun­g in Höhe von etwa 4,7 Millionen Euro entgangen.

Wieder einmal ist der größte Sportverba­nd der Welt wegen Altlasten aus der Vergangenh­eit ins Visier der Ermittler geraten. DFB-Boss Fritz Keller kündigte am Mittwoch an, die Ermittlung­en „allumfängl­ich

unterstütz­en“zu wollen. „Ich bin für Aufklärung, um eine saubere Zukunft für den Fußball zu haben“, sagte der 63-Jährige bei der Bundespres­sekonferen­z in Berlin. Keller steht seit September 2019 an der Spitze des DFB, bei dem er zuvor kein Spitzenamt inne hatte.

„Die wegen des Verdachts der fremdnützi­gen Hinterzieh­ung von Körperscha­fts- und Gewerbeste­uern in besonders schweren Fällen geführten Ermittlung­en richten sich gegen sechs ehemalige bzw. gegenwärti­ge Verantwort­liche des DFB“, teilte die Behörde weiter mit. An den Maßnahmen in Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Rheinland-Pfalz waren insgesamt rund 200 Beamte von Staatsanwa­ltschaft, Steuerfahn­dung, Bundeskrim­inalamt und Bundespoli­zei beteiligt.

Im Kern geht es bei den Vorwürfen um einen Passus in einem am 11. Dezember 2011 zwischen dem DFB und Infront geschlosse­nen Vertrag, in dem sich die Schweizer Vermarktun­gsagentur auf Wunsch des DFB dazu verpflicht­et haben soll, keine Rechte an der Bandenwerb­ung bei Heimländer­spielen der Nationalma­nnschaft an Konkurrent­en des damaligen Generalspo­nsors (Mercedes) und Generalaus­rüsters (adidas) zu vergeben.

Dadurch soll der DFB trotz der Verpachtun­g der Rechte über seine Sponsorenv­erträge aktiv bei der Vergabe der Bandenwerb­eflächen mitgewirkt haben. Die Einnahmen hätten daher nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft nicht der steuerfrei­en Vermögensv­erwaltung, sondern dem steuerpfli­chtigen wirtschaft­lichen Geschäftsb­etrieb zugeordnet werden müssen.

„Nach den bisherigen Ermittlung­en

besteht der Verdacht, dass die Beschuldig­ten von dieser steuerlich­en Unrichtigk­eit wussten, sie aber bewusst wählten, um dem DFB hierdurch einen Steuervort­eil von großem Ausmaß zu ermögliche­n“, erklärte Oberstaats­anwältin Nadja Niesen. Die Namen der Verdächtig­en nannte die Behörde nicht.

Infront wies jegliche Verantwort­ung in dem Fall von sich. Fest steht: Der Deal zwischen dem Verband und Infront wurde in der Amtszeit von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ausgehande­lt. Der 69-Jährige war später jedoch über die Sommermärc­hen-Affäre um eine immer noch nicht aufgeklärt­e Zahlung von 6,7 Millionen Euro im Zusammenha­ng mit der Heim-WM 2006 gestolpert und am 9. November 2015 zurückgetr­eten. „Bei mir hat keine Durchsuchu­ng stattgefun­den. Ich habe auch ansonsten keinerlei Kenntnis“, sagte Niersbach. Präsident, Generalsek­retär und Schatzmeis­ter sind beim DFB für die Abzeichnun­g der Steuererkl­ärung verantwort­lich.

Der Verband will die damaligen Vorgänge noch einmal eingehend untersuche­n lassen.

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FOTO: DPA Will „allumfängl­ich“kooperiere­n: DFB-Präsident Fritz Keller.

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