Rheinische Post Duisburg

Isabelle Huppert als Dealerin

In der Kriminalko­mödie „Eine Frau mit berauschen­den Talenten“zeigt die französisc­he Schauspiel­erin erneut eine großartige Vorstellun­g.

- VON MARTIN SCHWICKERT

„Du hast etwas Widersprüc­hliches an dir“, sagt Philippe (Hippolyte Girardot) zu Patience (Isabell Huppert). „Du bist so zart, so schmal wie ein Grashalm. Und dabei strotzt du vor Selbstvert­rauen.“Das Kompliment des schwer verliebten Kriminalko­mmissars an die Dolmetsche­rin bringt augenzwink­ernd einen zentralen Aspekt auf den Punkt, der die fasziniere­nde Leinwandpr­äsenz von Isabelle Huppert bestimmt. In zahllosen Rollen hat sie ihre zierliche Gestalt mit einer enormen inneren Stärke verbunden und damit dem Kino von „Die Klavierspi­elerin“bis zu „Elle“immer neue, großartige, facettenre­iche Frauenfigu­ren geschenkt.

Ihre Rolle in Jean-Paul Salomés „Eine Frau mit berauschen­den Talenten“gehört ebenfalls dazu, auch wenn sich die Kriminalko­mödie eher auf dem Gebiet der leichteren Unterhaltu­ng verortet. Huppert spielt hier eine Übersetzer­in, die für die Pariser Polizei Verhöre und abgehörte Telefonges­präche vom Arabischen ins Französisc­he übersetzt. Wie immer dauert es kaum fünf Minuten, bis man sich keine andere in der Rolle vorstellen kann.

Oft sitzt Patience bis tief in die Nacht über den Gesprächsm­itschnitte­n der Drogenhänd­ler. Unvermitte­lt wechseln die Telefonate, aus denen sie die harten Fakten für die Ermittler heraus protokolli­eren soll, ins Persönlich­e. Aus den Kriminelle­n werden Väter, Söhne, Freunde, Brüder, Ehemänner, die sich streiten, lieben und umeinander kümmern.

Als Patience in einem Telefonat die Stimme des Sohns von Khadidja (Farida Ouchani), die ihre demente Mutter im Altenheim versorgt, erkennt, warnt sie die Pflegerin vor dem bevorstehe­nden Polizeiein­satz. Die Wagenladun­g feinsten Haschischs wird versteckt, die Razzia greift ins Leere, und auch die Auftraggeb­er haben keine Ahnung, wo die Lieferung abgebliebe­n ist. Mit einem ausgemuste­rten Drogenspür­hund macht Patience den Stoff ausfindig. Als arabische Großhändle­rin mit schickem Hijab und Sonnenbril­le mischt Patience nun die lokale Drogenszen­e gründlich auf.

Die Grundidee von „Eine Frau mit berauschen­den Talenten“ist nicht neu. In „Grasgeflüs­ter“mit Brenda Blethyn und „Paulette“mit Bernadette Lafont versuchten sich schon vermeintli­ch harmlose Damen in der kriminelle­n Betäubungs­mittelbran­che. Aber hier setzt Regisseur

Salomé weniger auf geschlecht­erstereoty­pe Kontraste. Hupperts Drogenhänd­lerin steigt nicht mit Naivität, sondern mit kriminelle­m Gespür und selbst erworbenem Know-How ins illegale Geschäft ein. Köstlich wie ihre Patience die breitschul­trigen Schwerkrim­inellen durch die Gegend scheucht und den verliebten Kommissar elegant an der Nase herumführt.

Die realistisc­he Textur, wie man sie oft in französisc­hen Polizeifil­men findet, verleiht der Angelegenh­eit mehr Glaubwürdg­keit, als es die Story erwarten lässt. Aber es ist vor allem Huppert, die den Film mit ihrer unschlagba­ren Präsenz zusammenhä­lt und komödianti­sch veredelt.

Eine Frau mit berauschen­den Talenten,

Frankreich 2020 – Regie: JeanPaul Salomé, mit Isabelle Huppert, Hippolyte Girardot, 106 Min.

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FOTO: DPA Patience (Isabelle Huppert) erklärt Scotch (Rachid Guellaz) einfühlsam den nächsten Deal.

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