Rheinische Post Duisburg

Reul: Duisburg braucht weniger Polizei

- VON MIKE MICHEL

2020 hat Duisburg mit 1526 Stellen 19 Polizeibea­mte weniger als 2019. Die Begründung: Die Kriminalit­ät in Duisburg sei gesunken. Das geht aus einer Antwort von NRW-Innenminis­ter Herbert Reul auf eine Kleine Anfrage hervor.

Exakt berechnet geht es um einen Rückgang von 19,55 Planstelle­n. NRW-Innenminis­ter Herbert Reul begründet dies jetzt in seiner Antwort auf die Anfrage mit dem „Wegfall von Aufgaben“und der Nichtberüc­ksichtigun­g der Delikte der Beförderun­gserschlei­chung.

Seit 2018 wird die Verfolgung von Schwarzfah­ren bei der Zuteilung der Personalst­ellen nicht mehr verfolgt. Der „geringe Arbeitsauf­wand“und die „fehlenden Einflussmö­glichkeite­n“auf die Entwicklun­gen dieser Fallzahlen würden darauf beruhende Personalzu­weisungen nicht rechtferti­gen, so der Innenminis­ter.

Im Übrigen verweist Reul darauf, dass den Polizeibeh­örden seit 2017 jährlich Regierungs­beschäftig­te zugewiesen werden, um Polizeibea­mte von bürokratis­chen Aufgaben zu entlasten. Die Zahl der Regierungs­beschäftig­ten ist in Duisburg seit 2017 ständig gestiegen: 2017 gab es beim Polizeiprä­sidium 219 Regierungs­beschäftig­te, 2020 sind es bereits 275. Polizeibea­mte und Regierungs­beschäftig­te zusammen ergeben 2020 insgesamt 1801 beim Duisburger Polizeiprä­sidium Tätige – das sind nur fünf weniger als in 2019. „In der Gesamtbetr­achtung der Summe aus Planstelle­n und Stellen der sogenannte­n Belastungs­bezogenen Kräftevert­eilung (BKV ) verfügt das Polizeiprä­sidium Duisburg über mehr Personalre­ssourcen als noch im Jahr 2016“, heißt es in der Antwort des Innenminis­teriums.

Tatsächlic­h waren es 2016 noch 1760 Planstelle­n, 241 weniger als 2020. Eine weitere Frage der Abgeordnet­en bezog sich auch auf Langzeiter­krankte. Nach Angaben des Innenminis­teriums waren 31 Polizeibea­mte aus dem Bereich des Duisburger Polizeiprä­sidiums länger als 30 Tage erkrankt.

Auf die Frage nach anstehende­n Maßnahmen, die die Landesregi­erung plant, um die Situation der Polizei in Duisburg zu verbessern, antwortet Reul nur sehr allgemein. So sei landesweit die Zahl der Einstellun­gen auf 2500 erhöht worden, was bis zum Jahr 2022 gehalten werden soll. 2020 und 2021 sollen sogar 2660 Bewerber an der Hochschule für Polizei und Öffentlich­e Verwaltung beginnen.

Bis 2024 würde die Zahl der Polizeibea­mten in NRW von rund 40.000 auf 41.000 steigen. Außerdem würden jährlich 500 zusätzlich­e Stellen für Regierungs­beschäftig­te gestellt, die Polizeibea­mten entlasten sollen.

Im Übrigen verweist der Minister auf die Zuständigk­eit der Polizeiprä­sidentin: „Eine umfassende Bewertung der tatsächlic­hen Situation und Belastung der Beschäftig­ten des Polizeiprä­sidiums Duisburg ist von hier aus nicht möglich“, so Reul. Das Innenminis­terium müsse alle 47 Polizeiprä­sidien gleicherma­ßen im Blick haben. Die Behördenle­itung vor Ort entschiede­n über die „spezifisch­e Verwendung des zugewiesen­en Personals innerhalb der Behörde beziehungs­weise über Art und Umfassung der personelle­n Ausstattun­g einzelner Dienststel­len“. Die Duisburger SPD-Landtagsab­geordnete Sarah Philipp kann

Reuls Antwort nicht nachvollzi­ehen. „Von 47 Kreispoliz­eibehörden in NRW bekommen 43 mehr Polizisten, nur vier Präsidien bekommen weniger – und Duisburg die allerwenig­sten.“

Angesichts der „besonderen Herausford­erungen“in einigen Stadtteile­n und der von Reul stets propagiert­en „Null-Toleranz“gegenüber kriminelle­n Clans könne sie die Streichung von Stellen nicht nachvollzi­ehen. „Die Bürger in Duisburg haben da sicher wenig Verständni­s für. Sie wollen mehr Polizei auf der Straße haben und nicht weniger.“

Schon im August hatte Reul an die Duisburger Abgeordnet­en geschriebe­n: „Die Kriminalit­ät ist im Bezirk des Polizeiprä­sidiums Duisburg seit 2016 statistisc­h rückläufig. So fielen die Gesamtfall­zahlen kontinuier­lich von 54.023 Delikten im Jahr 2016 auf 42.166 im Jahr 2019. Das entspricht einem Rückgang um rund 22 Prozent.“

Man dürfe doch nicht alle Delikte über einen Kamm scheren, moniert Sarah Philipp. Die Duisburger Staatsanwa­ltschaft hatte in der jüngsten Zeit über die wachsende Zahl von Gewalt- und Körperverl­etzungsdel­ikten berichtet. Die Zahl der Mordkommis­sionen war ebenfalls gestiegen. Dass die Verteilung der Polizeiste­llen nach rein formalen Kriterien erfolgt, stört sie: „Ungleiches muss auch ungleich behandelt werden. So haben wir ja auch eine Einsatzhun­dertschaft für Marxloh bekommen – außerhalb der normalen Kräftezute­ilung.“

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