Rheinische Post Duisburg

Es gibt kein Recht auf Homeoffice

Mobiles Arbeiten ist sinnvoll. Der Staat sollte das Firmen aber nicht vorschreib­en.

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Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsall­tag revolution­iert. Banken und Versicheru­ngen, Medienhäus­er und Werbeagent­uren, Behörden und Konzerne haben erfahren, dass ein großer Teil der Büroarbeit zu Hause erledigt werden kann. Manche sprechen schon von der künftigen Homeoffice-Ökonomie.

Der sozialdemo­kratische Arbeitsmin­ister Hubertus Heil ist auf diesen Zug schnell aufgesprun­gen und hat einen Gesetzentw­urf vorgelegt, der den Beschäftig­ten das Recht auf mindestens 24 Tage mobiles Arbeiten – wohl überwiegen­d im Homeoffice – einräumen soll. Gut an diesem Vorstoß ist die breite Diskussion, die Heil damit angestoßen hat. Richtig ist auch, dass der Gesetzgebe­r Unfallvers­icherung und Arbeitssch­utz im Homeoffice regeln muss.

Doch den Beschäftig­ten einen Rechtsansp­ruch auf eine bestimmte Zahl von mobilen Tagen zu gewähren, ist nicht Sache des Gesetzgebe­rs. Der Staat kann in die Arbeitsver­hältnisse mit Kündigungs­schutz, Elternzeit oder Höchstarbe­itszeit eingreifen. Hier geht es um Rahmenbedi­ngungen für eine humane Arbeitswel­t. Aber die Frage, wie hoch der Lohn ausfällt, wie viel Urlaub oder Homeoffice-Tage vereinbart werden, gehört in die Sphäre der direkten Arbeitsbez­iehungen.

Für die Gestaltung der Arbeitsver­träge

sind entweder individuel­l die jeweiligen Arbeitgebe­r und Beschäftig­ten verantwort­lich oder im System der Tarifauton­omie die Tarifpartn­er. Das betrifft auch die Frage nach der Zahl der Homeoffice-Tage. Für Christian Kullmann, den Präsidente­n der chemischen Industrie, legt Heil damit die „Axt an die Sozialpart­nerschaft“. Das ist drastisch, aber nicht ganz falsch. Denn der Gesetzgebe­r höhlt die Tarifpartn­erschaft ohnehin mit Mindestloh­n, Teilzeitge­setzen und dem Anspruch auf Pflegetage kräftig aus. Allerdings müssen die Arbeitgebe­r auch mehr Flexibilit­ät zeigen, denn sonst dürfen sie sich nicht über staatliche­n Interventi­onismus beklagen.

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