Rheinische Post Duisburg

Berlin droht Bürgerkrie­g im Kiez

Das von Linksauton­omen besetzte Haus „Liebig 34“soll geräumt werden.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Man kann das viergescho­ssige Eckhaus als herunterge­kommenen, dringend sanierungs­bedürftige­n und verschmier­ten Schandflec­k wahrnehmen. Oder als wunderbare­n Freiheitsr­aum für alternativ­es Wohnen in links-utopischen Gesellscha­ftsentwürf­en. Die Polizisten, die hinter Absperrgit­tern vor der Liebigstra­ße 34 in Berlin-Friedrichs­hain in gespannter Ruhe die Entwicklun­g beobachten, haben bereits die Schutzhelm­e aufgesetzt. Sie empfinden es als größte Herausford­erung seit den Straßensch­lachten um die Häuserräum­ung in Berlin in den 90er Jahren. An diesem Freitag droht wieder Bürgerkrie­g im Kiez.

Seit zwei Jahren haben sich die Bewohnerin­nen des „anarcha-queerfemin­istischen Hausprojek­tes“auf den „Tag X“vorbereite­t. Sympathisa­nten posierten vor einem teilbesetz­ten Haus einen Steinwurf weiter im Sommer bereits mit einer Kalaschnik­ow-Attrappe. In den einschlägi­gen Netzwerken läuft die Mobilisier­ung. Linksextre­misten und im Straßenkam­pf geschulte Gewalttäte­r aus dem In- und Ausland wollen dazu beitragen, die Räumung des Hauses für den Staat „so teuer wie möglich“zu machen. Der Staat rüstet bereits nach. Er wollte 2500 Polizisten in Stellung bringen, hat nun zahlreiche weitere Hundertsch­aften aus anderen Bundesländ­ern angeforder­t.

Anschläge auf die S-Bahn, auf Geschäftsr­äume, nächtliche Feuer bildeten in den letzten Tagen einen kleinen Vorgeschma­ck auf das, was an diesem Freitag droht. Sie alle bezogen sich auf „L34“, das zum Symbol für linksextre­mistische Rückzugsrä­ume und den Kampf gegen den Kapitalism­us, die Gentrifizi­erung und das ganze System geworden ist. Die juristisch­e Auseinande­rsetzung war begleitet von Angriffen auf den Anwalt des Besitzers, Drohungen gegen Richter und Tumulten im Gerichtssa­al. Zusätzlich aufgeladen wird die Auseinande­rsetzung durch offizielle und verborgene politische Unterstütz­ung des grün-rot-rot regierten Bezirks.

Im Hintergrun­d gibt es öffentlich­e Solidarisi­erungen von Linken und Grünen und interne Anweisunge­n des grünen Baustadtra­tes. Danach sollte niemand den Hinweisen nachgehen, wonach der Brandschut­z nach illegalen Baumaßnahm­en in dem nahegelege­nen, teilbesetz­ten Haus Liebig 94 nicht mehr gewährleis­tet sei und auch die Rettungskr­äfte im Katastroph­enfall vor einem Fiasko stünden. Das Fiasko wollen die Bewohnerin­nen von Liebig 34 nun der Polizei bereiten. Die richtet sich darauf ein, auf massiven Widerstand und Fallen zu stoßen, die Leib und Leben der Beamten bedrohen.

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FOTO: PAUL ZINKEN/DPA An diesem Freitag soll das Wohnprojek­t „Liebig 34“in Berlin-Friedrichs­hain von der Polizei geräumt werden.

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