Rheinische Post Duisburg

„Wir sind die einzigen, die sich freuen“

- VON ALEXANDER TRIESCH

Bahnen und Busse sind am Donnerstag in Duisburg wieder nicht gefahren. Verdi hatte im Öffentlich­en Dienst erneut zum Streik aufgerufen. Profitiert hat davon die Taxibranch­e. Wir haben einen Fahrer getroffen.

Einmal wieder haben am Donnerstag die Beschäftig­en im Öffentlich­en Dienst ihre Arbeit niedergele­gt. Diesmal war der Nahverkehr dran. Hintergrun­d der Warnstreik­s ist die Forderung von Verdi nach einer bundesweit einheitlic­hen Tarifregel­ung. Tarife im Nahverkehr werden derzeit in den 16 Bundesländ­ern einzeln ausgehande­lt. Weil sich deshalb die Arbeitsbed­ingungen in den jeweiligen Regionen aus Sicht der Gewerkscha­ft zu weit auseinande­r entwickelt haben, sollen die regionalen Regelungen um eine bundesweit­e ergänzt werden. Busse und Bahnen sind wegen des Streiks am Donnerstag auch in Duisburg von morgens bis abends nicht gefahren. Wer kein Auto hat, musste improvisie­ren – oder bei Hamza, 51, und seinen Kollegen einsteigen. Der Duisburger Taxifahrer macht an Streiktage­n den dreifachen Umsatz. Ein Protokoll.

Ich bin seit heute morgen nonstop unterwegs. Um fünf Uhr bin ich in mein Taxi gestiegen und habe seitdem Lehrer zur Schule gefahren, Pfleger ins Altenheim und Ärzte ins Krankenhau­s. Hier steigen nicht nur reiche Bänker oder Unternehme­r ein, wie man vielleicht denken könnte, ich habe hier fast alle Berufsgrup­pen drin. Manchmal geht es mit dem ÖPNV einfach nicht und heute ja sowieso nicht. Die Leute waren bis jetzt total nett und haben gutes Trinkgeld gegeben. Die sind froh, dass sie heute jemand zur Arbeit bringt, jetzt wo alle Busse und Bahnen ausfallen.

Wenn im Nahverkehr gestreikt wird, läuft es bei uns. Das war schon immer so. Ich werde bis zum Abend wahrschein­lich den doppelten, vielleicht sogar den dreifachen Umsatz machen wie an normalen Tagen. Ganz so einfach ist der Job aber heute auch nicht, denn die Straßen sind voller als sonst, viele die sonst

Bahn fahren, nehmen jetzt das Auto. Da steht man dann schon mal länger an einer Kreuzung. Aber trotzdem sind Streiktage gute Tage. Wir Taxifahrer sind wahrschein­lich die einzigen, die sich heute freuen.

Den Taxischein habe ich 1991 gemacht, seit 15 Jahren fahre ich in Duisburg. Natürlich macht man auch schlechte Erfahrunge­n, aber meistens hatte ich nur positive Begegnunge­n. Duisburg hat eine halbe Million Einwohner, da geht natürlich nicht alles gut. Trotzdem macht es mir hier Spaß zu fahren, so schlimm wie alle immer tun ist es auf den Straßen gar nicht. An Tagen wie heute stehen Kollegen auch mal früher auf. Wir wollen die Leute ja auch nicht im Stich lassen.

Normalerwe­ise fahre ich 120 Kilometer in einer Schicht, die meisten Fahrten sind im Stadtgebie­t, manchmal zum Flughafen, aber kaum weiter. Jetzt während des Streiks im ÖPNV schaffe ich locker 250 Kilometer, mit etwas Glück auch 300. Morgens ist am meisten los, da wollen alle zur Arbeit, erst gegen 11 Uhr gibt es etwas Ruhe. Da konnte ich zum ersten Mal ein paar Minuten Pause machen. Mittags kommen dann ein paar, die von der Frühschich­t heim wollen, den nächsten Ansturm gibt es dann nachmittag­s.

An solchen Tagen haben wir kaum Leerfahrte­n. Wenn ich einen Fahrgast an seinem Ziel rauslasse, finde ich da schon direkt den nächsten. Bringe ich einen Arzt zur Klinik, wartet da manchmal einer, der Feierabend hat. Um 16 Uhr bin ich durch, dann habe ich fast elf Stunden gearbeitet. Und dann ist auch mal gut. Hamza (51), Taxifahrer

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FOTO: REICHWEIN Taxifahrer Hamza (51) aus Duisburg hatte während des Streiks am Donnerstag viel mehr Fahrten als an normalen Tagen.

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